Sternabert

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Dienstag, 12. Dezember 2017

Ausflug an die Wolkenfront - Havelland, Ende November...

Liebe Leute,

endlich mal wieder Zeit, mit meinem Freund SK ins herbstliche Havelland zu fahren - Gänse gucken, den einen oder anderen "Goodie" dingfest machen, abends am Lagerfeuer sitzen, palabern und einen Grog trinken - das Gemütliche bei akustischer Untermalung durch Bless- und Saatgansgejohle und das melodische Trompeten einiger Kraniche. Gleich zu Beginn der Tour standen unweit von Roskow einige 100 Tundrasaat- und Blessgänse, sowie Grüppchen von Graugänsen, auf feuchtem Acker mit Maisstoppeln. Gleich in den ersten Reihen konnten wir eine einzelne Waldsaatgans entdecken - nach kurzer Weile flog der Trupp dann bei Störung auf und verschwand ins umliegende Gelände. Den im Herbst leider recht zeitigen Sonnenuntergang im Hinterkopf entschlossen wir uns, jetzt Strecke zu machen und fuhren ohne größere Stopps ins Pareyer Luch, wo uns direkt bei der Einfahrt der nächste Gänsetrupp erwartete - hier vornehmlich Blessgänse - untergemischt einzelne Weißwangen. Als wir angehalten, die Optik in Stellung gebracht und angefangen hatten die Gänse zu mustern, hielt SK plötzlich inne und bemerkte recht überzeugt: "da ruft doch ein Tristis". Ich schob mir Mütze und Kapuze vom Kopf, lauschte eine Weile und Tatsache, nicht weit links vom Damm im Brennnessel-, Schilf- und Weidengebüsch ertönte der diagnostische, flachfrequente, zum Ende hin nicht ansteigende "hiit"-Ruf eines Taiga-Zilpzalps.

Sonagramm-Vergleich: Taiga-Zilpzalp (links) © Steve Klasan
Mitschnitt siehe unten © Steve Klasan
Wir hatten auch recht schnell das Glück, den agilen Vogel Nahrung suchend im Gestrüpp zu entdecken. Die eintönig, fahl graubraune Färbung der Oberseite, die hellen, beigen Überaugenstreifen, die hellen Ohrdecken, Halsseiten und die leuchtend hell-beige Kehle untermauerten die akustische Bestimmung. Zu unserer Überraschung wirkte der Ruf aus der Nähe recht leise, sprich, wir hätten den Vogel gefühlt eigentlich weiter hinten im Dickicht vermutet. Nun ging es ans Belegen: also Schüssel raus und den Fotoapparat scharf machen... Nach ersten Tonaufnahmen wechselte der Protagonist der Aktion den Ort und flog über den Damm und einen dahinter liegenden Wassergraben in eine an das letzte Grundstück von Parey grenzende Hecke. Hier war der Vogel ob seiner Rufe recht schnell wiederentdeckt. SK begab sich mit einem beherzten Sprung über den Graben in eine vermeintlich bessere Fotoposition und konnte ihn auch aussagekräftig ablichten.
Taiga-Zilpzalp, beachte kurze HSP, fahle Färbung Kleingefieder und Großgefiederränder © Steve Klasan

Taiga-Zilpzalp © Steve Klasan

Taiga-Zilpzalp © Steve Klasan

Über die Freude und bei schwindendem Licht machten wir Feierabend, erreichten frohen Mutes unseren Lagerplatz, machten ein Feuer und stießen mit einem leckeren Erfrischungsgetränk an. Nebenher sorgten wir für ein zünftiges Mal aus Gegrilltem und Gesottenem, anbei saure Tomaten und Gurken, frisches Brot und Knoblauch.

Die Nacht wurde recht kühl und die Sonne war schon aufgegangen, als wir am nächsten Tag zum Turm am Gülper See aufbrachen, um dort einen Kaffee zu nehmen und Enten zu zählen. Zwerg- und Gänsesäger schwammen im westlichen Ausläufer des Sees und es waren auch um die 30 Großmöwen anwesend, letztere konnten wir jedoch ganz überwiegend nur auf erhebliche Distanz, fliegend oder auf dem Wasser schwimmend beobachten. Gegen Mittag statteten wir dem Taiga-Zilp nochmal einen Besuch ab und wendeten uns folgend dem Gebiet nördlich des Sees zu, um weitere Gänse-Trupps zu finden. Tatsächlich sah es hier in dieser Beziehung recht mau aus, jedoch trafen wir in der Feldflur unter anderem auf größere Gruppen von Grau- und Goldammern, immer wieder überfliegende Birkenzeisige, Berg- und Wiesenpieper sowie einzelne Fichtenkreuzschnäbel.
Der Vorstoß zum Nachtlager an der Salzhavel entpuppte sich als recht abenteuerlich, da sowohl die Wiesen, als auch die Fahrspuren aufgrund der herbstlichen Regengüsse und des hohen Wasserstands der Havel schon ziemlich aufgeweicht, morastig waren. Dennoch gelangten wir ohne uns festzumachen zu einem beschaulichen Spot am Rande von Brandenburg, direkt an der Wolkenfront...
Bussard an der Wolkenfront
Bussard an der Wolkenfront © Steve Klasan
Vom kargen Schilf her begrüßte uns sogleich eine quitschende Wasserralle, aus der Ferne bibberte ein Zwergtaucher und 2 Zaunkönige ließen intermittierend ihre klaren, lieblichen Strophen erklingen. Am jenseitigen Havel-Ufer, schon in Sachsen-Anhalt, auf überstautem Grünland, hatten sich einige tausend Gänse zum Übernachten eingefunden - mit zünftiger akustischer Kulisse.
Blick über die Salzhavel © Steve Klasan
Am nächsten Morgen strich der Großteil der Gänse in Richtung Nord ab und wir folgten ihnen über die Havelbrücke Strodehne. In Kuhlhausen kann man, etwas versteckt, in die überschwemmte Wiesenlandschaft abbiegen - ein pittoreskes Gebiet mit typischem Havel-Niederungs-Charakter.
Es waren in einiger Entfernung nur noch kleine Enten- und Gänsetrupps sowie ein paar Möwen  auszumachen und ein Schwarm Kiebitze befand sich in der Luft. Wie weit der Großteil der Gänse nach SA hinein geflogen war, muss offen bleiben, denn in der näheren Umgebung konnten wir ausschließlich kleinere Trupps ausmachen. Also fuhren wir zurück zum Gülper See um nochmal drüber zu leuchten - nebenher gab´s auch noch ein Heißgetränk und ein paar Reste vom Vorabend.
Gülper See "Garage" © Steve Klasan
Beim buchstäblich letzten Schwenker entdeckte ich dann noch einen Seetaucher ziemlich weit nord-östlich auf der Seefläche, welcher sehr viel tauchte und den ich nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip zunächst als Prachttaucher ansagte. Allerdings wirkte er bei eindringlicherer Betrachtung relativ Schnabel-lastig, sehr dunkel und ihm fehlte scheinbar auch das helle Feld im hinteren Flankenbereich. Das Licht, die Entfernung und der leichte Wellengang machten es uns nicht gerade einfach und so versuchten wir weiter östlich am Damm einen besseren Blick auf das Tier zu bekommen, was uns auch gelang. Jetzt konnte man in kurzen Sequenzen die Eistaucher-typische Halszeichnung, sowie den obligaten Stirnhöcker erkennen. Da der Vogel oberseits sehr dunkel erschien und keinerlei helle Schuppung, typisch für´s Jugendkleid, zu erkennen war, ist wohl davon auszugehen, dass es sich um ein älteres Tier handelte. Auf der Rückfahrt stoppten wir erneut in Roskow, wo wir zwischen einigen tausend nordischen Gänsen 3 Kurzschnäbel entdecken konnten und zu guter Letzt machten wir noch einen Abstecher zum Trebelsee, wo bei einsetzender Dämmerung einige 100 Groß-, sowie Lach- und Sturmmöwen eingeflogen kamen. Anbei auch eine einzelne Heringsmöwe. Die Graumäntel und Jungvögel auf Artniveau zu bestimmen war uns ob der großen Distanz und des kümmerlichen Lichtes allerdings nicht möglich. Den Rufen zufolge waren auf jeden Fall Silber- und Steppenmöwen dabei...

Es grüßt einmal mehr der Sternabert...

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