Sternabert

Sternabert

Samstag, 23. Mai 2015

Fulminanter Kurztrip ins Havelland...

Asche auf mein Haupt - ich hab´ das "Bloggen" ganz schön schleifen lassen! Dafür jetzt ein Kurzbericht aus dem zu dieser Jahreszeit irgendwie am schönsten Havelland. Die "Seltenheitenjagd" begann am 19.05. am großen Beobachtungsturm in Buckow, wo ich recht rasch eine spitzflüglige Weißbürzelweihe ausmachte, die unweit des Turms ihren gaukligen Jagdflug vollführte. nach dem Blick durch´s Spektiv stellte sich schnell heraus, dass es sich um ein vorjähriges Tier handelte. Da die Unterseite sehr hell cremefarben und weitgehend ungezeichnet erschien und vor allem wegen des prominenten, sehr auffälligen, durchgängigen Kragens, läuteten sofort meine kopfinternen Alarmglocken. Schnell Checkliste abarbeiten, bevor sich die guten Beobachtungsbedingungen ändern! Im seichten Wind stehend, fielen am Unterflügel die weitgehend ungezeichneten, hell durchscheinenden Spitzen der äußeren  Handschwingen auf, auch die Spitzen der inneren Handschwingen erschienen vergleichsweise hell, so dass sich ein heller Handflügelrand kontrastierend zur rußig dunklen Armflügelunterseite abhob. Die jeweils innerste Handschwinge war mauserbedingt schon abgeworfen. Alle Merkmale in Summe bestätigten meinen Anfangsverdacht - ich hatte es mit einer vorjährigen Steppenweihe zu tun! Wie befürchtet trieb die Weihe schnurstracks nach Nordosten in Richtung Trappengehege ab, wo sie sich später zum Komfortverhalten auf einem Zaunpfahl niederließ.
Pallid Harrier, 2nd cy (19.05.2015) Buckow, Brandenburg; Germany
Pallid Harrier, 2nd cy (19.05.2015) Buckow, Brandenburg; Germany
Ich verfolgte sie natürlich erfreut durchs Fernrohr, was mir zum nächsten "Goodie" des Tages verhalf. Auf halber Strecke durflog nämlich ein dunkler, relativ kleiner Falke das Sichtfeld - für einen Baumfalken unterseits eher zu dunkel. Im Bruchteil einer Sekunde befand ich, mir diesen Vogel etwas genauer anzuschauen. So ließ ich die Weihe Steppenweihe sein und schwenkte dem Falco hinterher - von Nordost nach Südwest. Und tatsächlich, Bauch und Kopf waren, wie die Oberseite, dunkel, ohne die hellen Bauch- und Gesichtsanteile und ohne schwarze Maske, wie beim Baumfalken. Nur auf den Unterflügeln und den Schwanzseiten konnte ich eine Bänderung erkennen - sehr schön - ein vorjähriger Rotfußfalkenmann! Als dieser verschwunden war, widmete ich mich dem Versuch, Belegfotos von der inzwischen gelandten Weihe anzufertigen. Das Ergebnis ist oben zu sehen. Digiscopie von sich bewegenden Objekten geht leider immer in die Hose - schade eigentlich, hätte ich hier doch gerne ein paar Bilder vom fliegenden Vogel gezeigt... So, jetzt musste ich mir erstmal eine Zigarette rollen! Ich sah noch 2 Baumfalken und ca. 15 Großtrappen, einen adulten Wiesenweihenmann, Milane und Bussarde. Weiter ging´s, wie immer, in Richtung Gülper See. Hier gucken, da gucken, nüscht Besonderet. Abends dann zur Salzhavel bei Strodehne, wo dieses Jahr erstmals die Brut des Uhu-Paares, welches in den vergangenen Jahren schon mehrfach rufend in der Havelaue nachgewiesen werden konnte, entdeckt wurde. Die Großeulen hatten sich einen alten Bussard- oder Milanhorst als Niststätte auserkoren. Der Horst, oder besser das, was davon übrig geblieben war, war diesmal allerdings verwaist. Daher hier erst einmal ein paar Bilder aus dem zeitigen Frühjahr.
Eurasian Eagle Owl, female (27.03.2015) Strodehne, Brandenburg; Germany
Eurasian Eagle Owl, male with pulli (14.04.2015) Strodehne, Brandenburg; Germany
Auf dem ersten Foto das brütende Weibchen - Ende März, auf dem zweiten vermutlich der stolze Papa, wenn man nach Färbung und Gesichts-, Stirnzeichnung geht, mit zweien seiner Sprößlinge - Mitte April - das Weib zum Abgleich. Warum der Horst jetzt zerstört ist, entzieht sich meiner Kenntnis aber als Optimist gehe ich einmal davon aus, dass die dicken Junguhus selbigen runtergetreten haben und jetzt bereits ausgeflogen sind oder ggf. ein Waschbär - in der Hoffnung noch ein paar leckere Brocken zu finden - das Nest auseinandergepflückt hat. Andere Szenarien, an denen zweibeinige Räuber beteiligt gewesen sein könnten, möchte ich mir nicht ausmalen. Ein abendlicher Spaziergang an der Salzhavel, begleitet von einem satten Vogelkonzert erbrachte u.a. eine rufende Rohrdommel, drei mal Brutverdacht für Wacholderdrosseln an verschiedenen Stellen und eine enorme Anzahl von singenden Sumpfrohrsängern, die sich jetzt scheinbar noch im Schilf konzentrieren um sich später dann in der dichter werdenden Krautzone zu verteilen. Hier in der Dämmerung auch ein mindestens zehnminütiger Balzauftritt eines Bruchwasserläufers, der wohl seine Ankunft im angestammten Brutgebiet nicht erwarten konnte. Am nächsten Tag pendelte ich zumeist zwischen Pareyer Luch und Gülper See, immer auf der Suche nach Limikolen. im Luch nur Bekassinen, Rot- und Grünschenkel, aber auch ca. 150 Kraniche, Weißflügelseeschwalben, ein Raubwürger und zwei Schwarzstörche.
Black Stork (20.05.2015) Pareyer Luch, Brandenburg; Germany
Am Südufer des Sees sangen natürlich die Ortolane und es rief eine Wachtel. Auf dem See an sich eher übersichtlich mit 5 Knäkerpeln, ca. 10 Reiherenten, ca. 10 Schellenten, 2 Schwarzhalstauchern, einem Rothalstaucher, ca. 60 Haubentauchern, 2 Flussregenpfeifern und 2 Flussuferläufern, einem Grünschenkel, 2 Austernfischern, ca. 15 Trauer-, ca. 20 Fluss- und ca. 8 Weißflügelseeschwalben. Die von der Naturwacht eigentlich für Seeschwalben ausgebrachten Nisthilfen werden zum ganz überwiegenden Teil von ca. 140 Lachmöwen okkupiert. Dazwischen konnte ich auf große Distanz aber auch eine K3 Schwarzkopfmöwe entdecken, welche mit ihrem namengebenden schwarzen Kopf erstmal und von weitem schon wie eine adulte aussah, jedoch konnte ich beim fliegenden Vogel noch Reste von Schwarz auf den äußeren Handschwingen erkennen, was die Altersdiagnose untermauert.
Mediterranean Gull, 3rd cy (20.05.2015) Gülper See, Brandenburg; Germany
Mediterranean Gull, 3rd cy (20.05.2015) Gülper See, Brandenburg; Germany
Bei den Beobachtungsbedingungen mit leichtem Luftwabern und auf diese Entfernug läuft man allerdings spätestens nach einer halben Stunde mit einem Knipsauge rum und kommt sich so vor, wie Karl Dall sich fühlen muss. Die Tundrasaatgans, der Regenbrachvogel und die K3 Steppenmöwe auf dem Präsentierteller trugen dann allerdings erstmal wieder etwas zur Augenentspannung bei.
Tundra Bean Goose, adult (20.05.2015) Gülper See, Brandenburg; Germany
Whimbrel (20.05.2015) Gülper See, Brandenburg; Germany
Caspian Gull, 3rd cy (20.05.2015) Gülper See, Brandenburg; Germany
Der Superkracher folgte am frühen Abend des 20.05., als ich beim Scannen der Wasserfläche mitten auf dem See, bei etwas Wind, einen wuseligen, kleinen, rotbraunen Vogel zwischen den Wellen auf und ab schaukelnd entdeckte. Na klar, ein Phalarope! In solch einem satt rötlichen Prachtkleid, mit leuchtend weißer Augenmaske kommt nur eine Art infrage - ein Thorshühnchen! Bei 60-facher Vergrößerung war das Tier aufgrund der ebenmäßigen Farbgebung und der kontrastierenden Gesichtszeichnung gut und sicher als Weibchen anzusprechen und, man glaubt es kaum, wenig später wurde ich noch eines zweiten, viel unscheinbarer gefärbten Tieres gewahr, welches sich scheinbar noch im Übergangskleid befand und möglicherweise das dazugehörige Pendant gewesen sein könnte. Bei dieser Art sind die Geschlechterrollen vertauscht, wobei die Weibchen in Trupps um die Gunst der Männchen buhlen und diesen dann sowohl die Brut, als auch die Jungenaufzucht überlassen. Im Binnenland sind diese possierlichen Tierchen nur ausnahmsweise zu beobachten, verlaufen ihre Zugwege gen Norden doch eigentlich offshore auf dem Atlantik. Gerade einmal so groß wie ein Star ist die Qualität des Belegfotos, von der Mitte des Sees, natürlich den Umständen entsprechend. Immerhin kann man aus meiner Sicht jedoch die Art und selbst das Kleid  zweifelsohne erkennen!
Red Phalaropes, adult male? and adult female (20.05.2015) Gülper See, Brandenburg; Germany
Diesen Abend ließ ich beschwingt aber in Ruhe und in malerischer Umgebung mit Grillgut und zwei, drei Pilsken ausklingen, genau das hatte ich mir aber auch verdient!
Das soll erstmal wieder reichen...

Auf bald und heiter weiter - Bert...