Sternabert

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Montag, 4. November 2013

(Polar-)Birkenzeisigbestimmung - schwierige Sache...

Hallo Leute! Im Winter besuchen uns alljährlich Trupps von Birkenzeisigen. Es lohnt sich, diese kleinen, quirligen Finken auch einmal etwas intensiver zu mustern. Dazu muss man wissen, dass Birkenzeisige in 2 Arten: Birkenzeisig  (Acanthis/Carduelis flammea), Polarbirkenzeisig (Acanthis/Carduelis hornemanni) und deren jeweilige Unterarten: Alpenbirkenzeisig (C. f. cabaret), Taigabirkenzeisig (C. f. flammea), Islandbirkenzeisig (C. f. islandica), Grönlandbirkenzeisig (C. f. rostrata), Hornemanns Polarbirkenzeisig (C. h. hornemanni) und Coues Polarbirkenzeisig (C. h. exilipes)  gesplittet und generell in ihren Gefiedermerkmalen sehr variabel sind, was die Sache interessant, jedoch auch recht ansprusvoll gestaltet. Um den Schwierigkeitsgrad etwas zu vermindern, sei bemerkt, dass in unseren Breiten i.d.R. nur mit Alpen- und Taigabirkenzeisigen zu rechnen ist. In Brandenburg sind meines Wissens erst 2 Nachweise des Polarbirkenzeisigs dokumentiert. Der langen Rede kurzer Sinn, dies nur als Einleitung für die folgenden Gedanken zur Bestimmung. Wir konnten nämlich im Muraviovka Park einen auffälligen Birkenzeisig fangen, der schon im Netz durch seinen reinweißen Bürzel und die vergleichsweise geringe Flankenstrichelung, speziell im hinteren Körperbereich, auffiel. Hier links im Bild der Vogel in Frage, rechts ein relativ großschnäbliger adulter Taigabirkenzeisig.
probable Coues`s Redpoll (left) with Mealy Redpoll (right)
Wie schon am Bildhintergrund ersichtlich ist, wurde unser Vogel später im Jahr, knapp 2 Wochen nach dem "Gonzo", gefangen. Es ist zu erkennen, dass er eine hellere, fast sandfarbene Mantelfärbung, eine kürzere Handschwingenprojektion mit heller gesäumten Federrändern, was auch für die Schwanzfedern gilt, zwei auffälligere weiße Flügelbinden, welche einen kontrastierend dunklen Flügelfleck einrahmen, und einen prominenten Überaugenstreif hat, der sich breit bis auf die Stirn ausdehnt. Des Weiteren sind seine Ohrdecken vergleichsweise hell und haben eine ähnliche Färbung wie das Nacken- und Hinterkopfgefieder. Der Schnabel könnte für einen Polarbirkenzeisig eigentlich etwas kleiner sein, hat jedoch eine schöne hohe Basis und ist am Oberschnabel auch sichtlich stärker befiedert als der des Vergleichszeisigs. Die Schnäbel können wohl gerade bei exilipes, welche hier am Amur auch zu erwarten sind, in ihrer Länge recht variabel sein. Schauen wir uns den Vogel nochmal von oben an, leider ohne Vergleichsbild.
white extend of rump
Der reinweiße Bürzel sticht sofort ins Auge, könnte sich noch etwas weiter zwischen die Schirmfedern ausdehnen, ist aber bei Jungvögeln und Weibchen oft kleiner. Die spitzen, abgenutzten Schwanzfedern - auch die Schirmfedern wirken an den Rändern schon leicht verschlissen - und die bräunlichgelbe, zur weißen Körperunterseite kontrastierende Kopfgefiedertönung (siehe oben) sprechen hier, aus meiner Sicht, für einen K1 Vogel. Manche Ornis messen gerade dieser Gesichtsfärbung bei diesjährigen exilipes Vögeln, zur  Abgrenzung von den anderen Birkenzeisigarten, besonderes Gewicht bei. Auffällig sind auch die beiden weißen, mittig gelegenen Rückenstreifen, wie bei van Duivedijk beschrieben. Die Oberschwanzdecken erscheinen grau zentriert mit cremefarbenen Rändern.
pattern of UTC
Die Unterschwanzdecken sind bei vielen Polarbirkenzeisigen reinweiß. Unser Vogel hat einen eher schmalen, dunkelgrauen Schaftstrich auf der zentralen längsten USD, was bei exilipes nicht ungewöhnlich, sogar eher ein gutes pro-feature ist. Allerdings gibt es selten auch Taigabirkenzeisige ohne Unterschwanzdeckenzeichnung; dann aber zumeist adulte Tiere. Obwohl der ganz überwiegende Teil der genannten Merkmale auf einen Coues Polarbirkenzeisig hindeutet, bleiben geringe Restzweifel, einerseits wegen der großen Variabilität in den Gefiedermerkmalen, andererseits vermischen sich die Arten wohl auch in ihren, sich teilweise überschneidenden, Brutarealen - wie schon angemerkt, schwierige Sache...

Nun hat es auch gleich bei mir um die Ecke geklappt. Wolfgang Püschel, ein passionierter potsdamer Orni und, wie man gleich sehen wird, auch ein hervorragender Fotograf, hat am 23.02.2014 einen wunderschönen adulten Coues Polarbirkenzeisigmann (C. h. exilipes) auf dem Alten Friedhof in Potsdam entdeckt und abgelichtet. Seine Brust wird sich, bis zur Brutsaison im hohen Norden, durch die Abnutzung der hellen Federränder noch etwas intensiver kühl rosa umfärben, aber auch jetzt ist er schon schön anzusehen. Die Bilder sind klasse und lassen eine eindeutige Artbestimmung zu. Nur wenige Tage zuvor haben auch Abu & Aki einen sehr informativen Beitrag zur Birkenzeisigbestimmung auf ihrem Blog online gestellt. Hut ab - eine schöne Sache das.
Coues´s Redpoll adult male (23.02.2014; Potsdam-Brandenburg Germany)
Coues´s Redpoll adult male (23.02.2014; Potsdam-Brandenburg Germany)
Dank an WP, der mir die zwei Aufnahmen uneigennützig zur Verfügung gestellt hat.
Bestens - der Sternabert...


2 Kommentare:

  1. Hi Bert,
    den Vogel noch mal angeschaut, denke ich sprechen doch die überwiegenden Merkmale für einen Polarbirkenzeisig – nach der Erinnerung eurer Bücher und der Diskussion. Auch wenn ein wenig Skepsis nicht zu unterschlagen gilt.
    Aber würde ich mich eher damit zufrieden geben wollen, wenn man den Birkenzeisig (wie auch wohl bei den Kreuzschnäbeln) als einen Artenkomplex sehen würde mit verschiedenen Formen, die untereinander wohl intergradieren – demnach wäre dieser Vogel wohl dann ein Stufe nahe dem Coues Polarbirkenzeisig.
    Das heißt zwischen verschiedenen Formen gibt es wohl einen fliessenden Übergang. Und das nicht nur bei Birkenzeisigen und nicht nur bei Arten, sondern auch bei Geschlechtsdimorphismus ist die Trennung nur eine Definitionsfrage mit der sich allein der Mensch mit seiner beschränkten Rezeptionsgabe und dem Schubladen-Denken quälen muss.
    Vielleicht ist es aber doch eindeutiger und es fehlt mir einfach nur die Information dazu.
    Woran man sich auch immer den Kopf zerbricht … So viel zu einem kleinen philosophischen Einschub, wenn dir keiner Kommentare schreibt!

    Der Pelle

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  2. Hallo Bert,
    vielen Dank für dein großes Lob hinsichtlich des potsdamer Polarbirkenzeisigs!
    Freue mich schon auf unsere nächste gemeinsame Tour.
    Beste Grüße
    Wolfgang

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