Sternabert

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Freitag, 20. Juli 2012

Möwenexkurs

Auch die Großmöwen geben sich in der Havelaue wieder ein Stelldichein. Zwar ist noch keine enorme Anzahl zu verzeichnen, aber zur z.T. kniffligen Artbestimmung reicht es allemal. Sie fliegen, stehen und schwimmen neben Lachmmöwen, Fluß-, Trauer- und eher selten Weißbartseeschwalben, in verschiedenen Altersklassen umher. Die meisten haben jetzt im Juli ziemlich verschlissene Federn und befinden sich in der Schwingenmauser, was eine korrekte Bestimmung zuweilen erschweren kann. Zusätzlich sollte man davon ausgehen, dass einige der Vögel aus den "Horror"- Kolonien Südbrandenburgs den Weg zum Gülper See gefunden haben und finden werden, die u.U. aus Mischbruten stammen und somit nicht eindeutig bestimmbar sind. Nun aber ersteinmal zu ein paar Möwen vom Wochenende, von denen mir, wie immer durch Digiskopie freihand durchs Spektiv, mäßige bestimmungsrelevante Bilder gelungen sind.

Von Nr. 1 gibt es 2 verwertbare Bilder:

Wir sehen eine adulte Möwe mit hellgrauen Mantelfedern, Armdecken und Schirmfedern, ohne jegliche Brauntönung. Die Schwarzausdehnung auf den Handschwingen fällt vergleichsweise gering aus. Die Spitzenzeichnung von HS 10 ist schlecht einzuschätzen, da sie vermutlich stark verschlissen durch HS 9 verdeckt wird. Auf  der Unterseite des re. Flügels wirkt sie jedoch reinweiß. HS 9 ist mit ihrem großen weißen Subapikalfleck somit momentan die längste HS. Wenn HS 10 neu und ausgewachsen ist, steht sie mit ihrer komplett weißen Sitze  noch etwas über und ist damit für eine recht lange Flügelprojektion verantwortlich.

Das Nackengefieder ist reinweiß und die Beine gräulich-rosa. Soweit ist eine Artdiagnose schon möglich, nimmt man sich jedoch noch etwas Zeit, dann schaut die Möwe auch einmal unter ihrem Flügel hervor. Jetzt erkennen wir sofort das flache Kopfprofil, den matt grau-gelben, geraden Schnabel mit ebenfalls matt rotem, gering ausgeprägten Gonyseck. Außerdem weist der Vogel eine, für ~ 70% der Steppenmöwen (Larus cachinnans) typische, dunkle Augenfarbe auf.

Bei Nr. 2 muß es ohne Kopf gehen:

Nun, diese Möwe wirkt schon etwas kompakter, sie hat ein eher dunkelgraues Rücken- und Flügeldeckgefieder und auch hier können wir keine bräunlich gefärbten Areale mehr erkennen, des Weiteren sind alle Schwanzfedern reinweiß, ohne dunkle Markierungen, sprich, auch diese Möwe ist adult. Sie hat auf dem Bild inetwa die gleiche Flügelhaltung wie Möwe Nr. 1 und wir erkennen eine großflächige Schwarz- zeichnung auf den HS (hier sind übrigens, wie auch oben bei der Steppenmöwe, mauserbedingt nur HS 10 - HS 6 zu sehen). Auf HS 10 befindet sich ein großer weißer Spiegel, welcher von der ebenso 
weißen Schwingenspitze durch ein schwarzes Band abgetrennt ist. Auf HS 9 gibt es hingegen scheinbar keinen weißen Spot. Bei adulten hellmanteligen Großmöwen kommt das in dieser Kombi i.d.R. nur bei Mittelmeer- möwen vor. Diese Diagnose wird  durch die relativ sattgelbe Beinfarbe noch  untermauert. Somit haben wir gerade eine Mittelmeermöwe (Larus michahellis) bestimmt, ohne ihre hellen, gelben Augen mit dem roten Orbitalring und das ausladende rote Gonyseck am eher massigen, stumpfen, tiefgelben Schnabel, jemals gesehen zu haben.
 
Möwe Nr. 3 ist etwas jünger:

Klar, wie wir sehen hat sie komplett bräunlich dunkle HS ohne jedes weiße Abzeichen. Auch die Schirmfedern entsprechen z.T. noch der Generation vom 2. Winter. Die oberen SF wurden schon ersetzt, sind jetzt grau, mit weißem Spitzensaum. Auch viele große und kleine Armdecken sind noch alt.
Wenn man genau hinschaut, erkennt man auf dem Foto auch den Schwanz. Dieser weist noch eine sehr dunkle, fast schwarze, gut definierte Endbinde auf, besteht also größtenteils noch aus Federn der 2. Generation. Die recht kurzen Beine erscheinen in einem hellen Ockerton.
Die Möwe befindet sich nach diesen Merkmalen also im 3. Kalenderjahr. Bei Silber- und Steppenmöwen in diesem Alter kann man auf den 2 äußeren HS-Spitzen  i.d.R. schon die hellen Vorboten der Spiegel erkennen. Auf dem 2. Bild mag man die dunkelgraue Mantelfärbung erahnen. Der kräftige, stumpfe Schnabel ist auch im 3. KJ schon satt gelb gefärbt, hat eine dunkle Spitze und weist ein markantes, schon rötlich schimmerndes Gonyseck auf. Kopfprofil, groß wirkendes helles Auge und der Jizz an sich, sprechen hier wieder mit an Sicherheit grenzender Wahrschein- lichkeit für eine Mittelmeermöwe (Larus michahellis). Anbei rechts im Bild eine adulte Steppenmöwe, die man schon allein an ihrer Haltung, Kopfgröße und Augenfarbe, sowie am Schnabel-, Kopfprofil, sicher erkennen kann. Steppenmöwen haben auch blassgelbe Beine...

                                
                                          Cześć! - El Steppo...

 

Dienstag, 17. Juli 2012

Gülper See Mitte Juli

Am Gülpi fühl´ ich mich scheinbar am wohlsten. Deshalb erneut ein paar Sichtungen von dort, eine Woche nach dem kurzen Auftritt des Terekwasserläufers.
Das Wetter war, wie so oft in diesem Sommer, eher durchwachsen mit Wind, Starkregen und sonnigen Abschnitten, bei recht niedrigen Temperaturen. Die Beobachtungshütten am See bieten an solchen Tagen einen wilkommenen Unterschlupf. In einer dieser Hütten hatten das auch Wespen bemerkt und ein mittelgroßes Nest neben dem Eingang an die Decke gehängt. Sie blieben jedoch friedfertig und so konnte ich entspannt die Vögel observieren. Am Spülsaum rannten weiterhin um die 40 adulte Kampläuferhähne im Übergangskleid herum, diesmal allerdings schon in Begleitung einiger weiblicher Tiere, die kleiner sind als die Männchen und sich zu dieser Jahreszeit von diesen auch noch gut an ihren Gefiedermerkmalen unterscheiden lassen.
Links und rechts Männchen, wobei Kopf und Hals des Linken schon vollständig ins Schlichtkleid umgemausert sind. Unten 3 Hennen mit eingefügtem Hahn bezüg- lich des Größenvergleichs zu einer Graugans. Auch die Gefiederunterschiede sind zu erkennen.
Als weitere Vertreter der Limikolen hatten sich ein adulter Dunkelwasserläufer, eine diesjährige Uferschnepfe, ein adulter Alpenstrandläufer, zwei Flußuferläufer, drei adulte Grünschenkel, zwei Bruchwasserläufer sowie einige Flußregenpfeifer zur Rast, Gefiederpflege und Nahrungssuche eingefunden.
Der Dunkelwasserläufer hat einige Zeit geschlafen, aber auch ohne den langen, markanten Schnabel zu sehen, kann man ihn, anhand der Gefieder- merkmale, sicher als solchen bestimmen. Er befindet sich in der Mauser vom PK ins SK. Jungvögel kommen später im Jahr, sind gleichmäßiger braungrau gefärbt, weiß getupft, mit gebänderter Unterseite. Das untere Bild von Jungvögeln stammt aus dem August 2011.
 

Dass die Uferschnepfe, hier rechts im Bild, dieses Jahr das Licht der Welt erblickt hat, sieht man schön an der orangebeigen Hals- und Brustfärbung. Nebenan ruht immernoch unser Dunkelwasserläufer und der Kampfläufer, gut zu erkennen an den locker liegenden, schwarz, braun gezeichneten Schirmfedern, als Überreste vom Prachtkleid, gibt sich der Gefiederpflege hin. Die vermeintliche Stockente in der Bildmitte entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Erpel in SK. Kennzeichnend hierfür sind u.a. die recht stark ausgeprägte Gesichtszeichnung, der komplett gelbe Schnabel und die schwarzen Oberschwanzdecken.
Es waren auch noch andere Entenarten zugegen. Neben 3 Pfeifenten hielten sich 4 Vögel der, nach meinem Dafürhalten, grazilsten Entenart am See auf. Alle weibchenfarbig, was die Geschlechter-, bzw. Altersbesimmung, um einiges erschwert. Vorab: es sind Spießenten, die in diesem Zeitfenster in unseren Breiten nur selten und sporadisch als Brut- oder Zugvögel auftreten. Diese Tiere befinden sich in aktiver Mauser, was die Ansprache als
Jungvögel ausschließt, da jene erst im Winterquartier, ab Dezember, ihr Federkleid erneuern. Aufgrund des Größenunterschieds, der Färbung und Zeichnung der Rückendecken, Schirmfedern und Flanken, gehe ich hier von zwei adulten Enten links und einem adulten Erpel rechts im Bild aus. Dieser zeigte sich später nocheinmal separat von der Seite und bestätigte meine Vermutung durch seine blaugraue Schnabelfärbung mit schwarzen Markierungen an First, Basis und Spitze. Wie man gut erkennen kann, sind seine Hanschwingen noch nicht ausgewachsen, sprich, unter den Schirmfedern versteckt. Das lässt darauf schließen, dass sich die Enten in der Brutperiode hier aufgehalten haben, da sie in der Zeit der Schwingenmauser nicht gut und vor allem keine weiten Strecken fliegen können. Ob es ausreicht um einen Brutverdacht zu äußern bleibt offen.
Besonders gefreut hat mich ein kurzes Treffen mit einer außer der Reihe auftauchenden Tundrasaatgans. Diese stach mit ihrem dunkelbraunen Gefieder und den satt orangen Beinen aus der Masse von ungefähr 5200 Graugänsen ganz hübsch hervor. In wenigen Monaten bevölkern dann um die 100000 nordische Feldgänse den Gülper See und die angrenzenden Gebiete. Im Vorfeld taucht aber ggf. nochmal die ein oder andere seltene Limikole im schönen Havelland auf.
Es bleibt spannend...

Sonntag, 8. Juli 2012

Terekwasserläufer am Gülper See.

Ahoi, nach kleiner Pause war ich kürzlich mal wieder auf Tour. Der Gülper See bietet sich momentan als Reiseziel für Vogelbeobachter an, da er hervorragende Rastbedingungen für Limikolen und anderes Geflügel bereit hält. Die Watvögel sind für Anfang Juli schon in recht hohen Anzahlen zu beobachten. Meist handelt es sich dabei um adulte Kampfläufermännchen, Grünschenkel, Dunkelwasserläufer, Bruchwasserläufer und Flussregenpfeifer. Letztere und die vielen Kiebitze haben auch ihre Jungvögel dabei. Es gab ebenfalls einen Austernfischer, zwei Große Brachvögel, einen Sichelstrandläufer und sogar einen Terekwasserläufer (Xenus cinereus) zu sehen.


Dieser "possierliche Vogel" ließ sich am 07.07.2012 bei 60-facher Vergrößerung zwar recht gut beobachten, jedoch nur mäßig fotografieren. Schön zu erkennen waren die kurzen, gelblich-orangen Beine, die typische Haltung bei der Nahrungssuche, der auffällig nach oben gebogene Schnabel, die graue Brust sowie der dunkle Flügelbug und die dunklen "Hosenträger", die ihn als Altvogel auswiesen. In Brandenburg wohl erst der 7. oder 8. Nachweis und somit ein sehr seltener Gast, der bis dato in Deutschland vornehmlich im Mai, Juni oder Juli  beobachtet wurde. Sein Brutgebiet erstreckt sich über die boreale Zone der Zentral- und Ostpalearktis. Mit einiger Wahrscheinlichkeit könnte dieser Vogel aus Skandinavien, vom Finnischen Meerbusen, an den Gülper See gekommen sein.


3 Tage zuvor freute ich mich besonders über das Gurren eines Turteltaubers in einem kleinen Waldstück direkt am See und über eine große Brandgansfamilie mit 11 recht früh flugfähigen Jungtieren nebst Gans und Ganter. Die Ufer des Sees füllen sich nun auch nach und nach mit Graugänsen. So waren´s am 04.07. noch rund 1200 Tiere. Momentan sind schon um die 4000 Gänse vor Ort. Meine nordischen Freunde lassen noch etwas auf sich warten und werden sich wohl um den 15. September herum ein Stelldichein geben.

Schöne Grüße...