Sternabert

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Donnerstag, 13. Februar 2014

Gull Collection - Möwen Bestimmung...

Hallo liebe Leute!
Nach einer kleinen Flaute zum Jahresbeginn, während der ich leider kaum Zeit fand, mich intensiv unserer gemeinsamen Passion zu widmen und daher der Input fehlte, habe ich mir überlegt, hier einmal einen ausschließlichen Möwenbestimmungsexkurs zu posten. Dazu brauchte ich natürlich professionelle Bilder, die mir mein guter Freund und Weggefährte Steve Klasan prompt und uneigennützig überließ. Die Fotos sind brillant und deshalb möchte ich mich an dieser Stelle ersteinmal aufrichtig bei ihm bedanken - ich denke, wir haben alle etwas davon... Der Post soll keine statische Abhandlung der verschiedenen Kleider von Steppen-, Mittelmeer- und Silbermöwen zu den verschiedenen Jahreszeiten werden - dafür gibt es schon andere Seiten im Netz und es würde auch den hiesigen Rahmen sprengen - vielmehr möchte ich die teils aktionsgeladenen Bilder kommentieren, so dass jeder die Diagnose nachvollziehen und sich an den Aufnahmen erfreuen kann. Die drei genannten Großmöwenarten, um die es hier gehen soll und die man auch im Brandenburgischen beobachten kann, sind Vierjahresmöwen.
Caspian Gull 1st Winter (11.11.2011; Saxony, Germany), calling
Yellow-legged Gulls (03.04.2010; Krk, Croatia), guzzling
Herring Gull adult (20.10.2011; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Als Grundlage der Mauserverlauf bis zum Erwachsenenkleid mit den gängigen Abkürzungen: Jugendkleid (JK)/ 1. Kalenderjahr (KJ) -> 1. Winter (Wi.) -> 2. KJ -> 1. Sommer (So.) -> 2. Wi. -> 3. KJ -> 2. So. -> 3. Wi. -> 4. KJ -> 3.  So.  (subadult) -> 4. Wi. -> 5. KJ (adult)
Möwen besitzen 10 Handschwingen (HS), welche im Sommer von innen nach außen, also von "körpernah" nach "körperfern" vermausert werden und die mit ihrer Zeichnung und Farbverteilung für eine korrekte Bestimmung von nicht unerheblicher Bedeutung sind. Schirmfedern (SF), Große Armdecken (GAD), Mittlere Armdecken (MAD), Mantel- (MF) und Schulterfedern (SchuF) werden im Herbst erneuert und sind mit ihrer Zeichnung zumeist ebenso ein wichtiger Baustein für die korrekte Artdiagnose. Die Farbe der unbefiederten Körperteile spielt natürlich auch eine Rolle, wobei dem Schnabel speziell bezüglich seiner Form und der Ausprägung des Gonysecks besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Alle weiteren Details erschließen sich dem geneigten Leser hoffentlich aus meinen folgenden Ausführungen. Vorerst soll es in diesem Beitrag nur um Möwen mit der ersten HS-Generation (JK, 1. Wi.) gehen. Zum Auftakt eine junge Steppenmöwe die schon mit der Postjuvenilmauser begonnen hat.
Caspian Gull juv. -> 1st Winter (28.08.2012; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Diese Schönheit trägt ihr JK, befindet sich also im 1. KJ. Sie hat einen vergleichsweise hellen Kopf und  einen noch komplett schwarzen Schnabel, welcher sich bei Steppen- und Silbermöwen i.d.R. im Laufe des 1. Wi. von der Basis her merklich aufhellt. Einige gezeichnete 2. Generation MF und SchuF heben sich deutlich von den braunen, ungezeichneten, leicht verschlissenen JK Federn ab. Steppen- und Mittelmeermöwen beginnen generell früher im Jahr mit der Mauser als Silbermöwen. Typisch für Steppenmöwen diesen Alters sind die sichelförmig hell gezeichneten SF-Spitzen. Auch das diffuse Krisselmuster der inneren GAD sowie die ungezeichneten äußeren, welche zwischen den hellen Spitzen der MAD und GAD eine dunkle Flügelbinde bilden, sind typisch für Larus cachinnans. Die angedeutete Nackenstrichelung wird mit fortschreitender Kleingefiedermauser noch als regelrechte Nackenkrause hervortreten, welche weitläufig auch als "Federboa" bekannt ist und bei immaturen Steppenmöwen besonders imponiert. Die langen Beine und der schmale, lange, spitze, parallelkantige Schnabel mit blandem Gonyseck sprechen in diesem Fall für sich. Ein typischer K1 Vogel wie aus dem Bestimmmungsbilderbuch. Leider scheint gerade unsere Einstiegsöwe einen lahmen rechten Flügel zu haben. Die Steppenmöwe im Gras ist schon ein paar Wochen älter.
Caspian Gull juv. -> 1st Winter (28.08.2012; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Caspian Gull 1st Winter (11.11.2011; Saxony, Germany)
Im direkten Vergleich eine junge Mittelmeermöwe, die ebenfalls gerade ihren 1. Wi. erlebt. Ihre MF und SchuF entsprechen in Gänze der zweiten Generation. Sie hat erhebliche Mauserlücken im Flügel. Einzelne MAD wurden auch schon erneuert und weisen ein rhombusförmiges, sehr dunkles Muster im distalen Bereich auf. Gerade Mittelmeermöwen wirken aufgrund der verschiedenen Farbtöne im Deckgefieder der zweiten Generation zumeist sehr bunt. HS und SF sind schon ordentlich abgenutzt, so dass erstere spitz und ausgeblichen erscheinen. Bei zweiteren ist von den eigentlich ebenmäßig schmal hellen Rändern nichts mehr zu erkennen. Generell verhält es sich bei allen Vögeln so, dass helle Federpartien schneller verschleißen als die dunklen. Die Kleingefiedermauser ist bei unserer Larus michahellis im 1. Wi., 2. KJ, auch schon etwas weiter fortgeschritten als bei den Steppenmöwen oben, sodass Bauch, Vorderhals und Kopf schneeweiß erscheinen. Eine "Federboa" ist vorhanden, aber bei weitem nicht so ausgeprägt, wie bei typischen cachinnans in diesem Alter. Dafür ist aber die mittelmeereigene dunkle Augenmaske hervorragend zu erkennen. Leider fehlen unserer Möwe die inneren GAD, die bei michahelles in der Regel ein gleichmäßiges, helles "Schachbrettmuster" aufweisen. Die Armdecken der ersten Generation wirken isgesamt dunkler braun als bei Steppe und Silber, die Beine mäßig lang und der dunkle Schnabel eher bulkig, parallelkantig und stumpf, in starkem Kontrast zum hellen Vorderkopf.
Yellow-legged Gull 1st Winter (03.04.2010; Selce, Croatia)
Auf dem folgenden Bild einmal eine Larus michahellis im Flug in ungefähr dem selben Alter. Auch hier schön zu erkennen der noch gänzlich schwarze, stumpfe Schnabel, die dunkel gezeichneten Unterflügeldecken und Achselfedern, im -hier parademäßig - starken Kontrast zum rein weißen Bauch, die schwarze, scharf abgegrenzte Schwanzendbinde und die, trotz durchscheinender Sonne, nur ganz seicht ausgeprägten hellen Keile in der Hand-, Armbeuge. Spitze, verschlissene HS. Dunkle, eher diffuse Nacken- und Flankenzeichnung. Zum Vergleich der Unterflügelzeichnung und -Farbe, noch ein sehr stimmungsvolles Bild von zwei schwimmenden cachinnans.
Yellow-legged Gull 1st Winter (03.04.2010; Selce, Croatia), flight
Caspian Gull 1st Winter (11.11.2011; Saxony, Germany), interaction
Nun fehlt uns noch die Silbermöwe. Silbermöwen sind, aus meiner Sicht, von den 3 hier behandelten, in den Gefiedernuancen im 1. Wi. am variabelsten. Dennoch kann man sie in dem Alter gut am dunkel durchsetzten Kleingefieder an Bauch, Brust, Hals und Kopf erkennen. Oberseits erscheinen sie aufgrund der breit weißlich, cremefarben gerandeten JK-Federn zumeist sehr hell und die GAD und SF sind, je nach Grad der Abnutzung, großflächig und auffällig gemustert. Ich assoziiere die SF von argentatus mit ihrem Wellenmuster oft mit der Blattform des Löwenzahns. Beine und Flügel eher kurz, Körper gedrungen wirkend. Das JK- Gefieder der Möwe auf dem ersten Bild ist schon stark verschlissen. Die hellen Zacken der SF sind praktisch nicht mehr vorhanden und der Rand der Federn kommt nun tatsächlich dem eines Löwenzahnblattes sehr nahe. MF und SchuF entsprechen der 2. Generation. Der Vogel befindet sich im 1. Wi., 2. KJ.
Herring Gull 1st Winter (05.02.2014; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Die Möwe auf dem 2. Bild mit intakterem Gefieder und in Habachtstellung, macht auf den ersten Blick einen ganz anderen Eindruck. Speziell SF und GAD wirken mit ihrer satten Farbe und Zeichnung sehr frisch. Aufgrund der spitzen HS und der ausschließlich erste Generation Armdecken, ist auch dies ein Vogel im 1. Wi., allerdings im 1. KJ. Hier wird schon an 2 Vögeln klar, wie unterschiedlich das äußere Erscheinungsbild bei 1. Wi. Silbermöwen sein kann. Das 3. Actionfoto zeigt auch eine Silbermöwe. Diagnostisch hier die Körperproportionen, das dunkel durchsetzte Kleingefieder an Rumpf und Kopf, die dunklen, diffus gezeichneten Unterflügel und das graue Dreieck in der Handbeuge (links), gebildet durch die hellen inneren HS, was aufgrund der Flügelhaltung nicht sofort ins Auge sticht.
Herring Gull 1st Winter (21.10.2011; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Herring Gull 1st Winter (05.02.2014; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany), flight
Zum Abschluss der 1. Wi. Möwenschau noch zwei Mittelmmeermöwen im Flug und in vergleichbarer Körperhaltung zur Silbermöwe. Beachte jeweils den bulkigen, stumpfen Schnabel im starken Kontrast zum weißen Vorderkopf, die großflächigen Weißanteile des sichtlich schlankeren Körpers, die angedeutete "Boa" und die markante dunkle, weniger diffuse Zeichnung der Unterflügeldecken. Die Flügel an sich sind länger und am Körperansatz schmaler als die von argentatus. Nicht zu vergessen der dunkle Schatten hinterm Auge. Auf dem letzten Foto imponiert die, vom ansonsten ganz überwiegend weißen Schwanz abgesetzte, sehr dunkle Endbinde. Auch die Ausdehnung des Handbeugenfensters (rechts) ist durch die dunklen Außenfahnen der inneren HS vergleichsweise stark reduziert. 
Yellow-legged Gull 1st Winter (03.04.2010; Selce, Croatia), flight
Yellow-legged Gull 1st Winter (03.04.2010; Selce, Croatia), flight
Bilder von älteren Möwen der drei Taxa folgen...
Es grüßt Bert...

1 Kommentar:

  1. das ist ja nett und sehr lobenswert, dass du uns die merkmale so schön zusammenfasst. dieser kommentar von mir enthält zwar keine thematisch weiterführenden gedanken, aber ein dank muss auch mal ausgesprochen werden.
    ich schaue ab und zu bei dir rein und lese deinen blog immer mit interesse!
    beste grüße, yvonne

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