Sternabert

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Mittwoch, 19. Februar 2014

Adulte Dreizehenmöwe am Gülper See...

Nun hat es endlich geklappt und mein erster Dreitages-Trip in die Havelaue in 2014 erbrachte einige schöne Sichtungen und Hörproben. Den Anfang machte eine adulte Dreizehenmöwe, die in einiger Entfernung vom Turm am Südufer des Gülper Sees auf den Wellen ritt. Es war am Sonntag ziemlich windig und daher sind die Belegaufnahmen nicht die allerbesten. Dennoch kann man, denke ich, auch anhand dieser Bilder die Diagnose Rissa tridactyla zweifelsfrei nachvollziehen.
Black-legged Kittiwake adult (16.02.2014; Gülper See-Brandenburg, Germany)
Black-legged Kittiwake adult (16.02.2014; Gülper See-Brandenburg, Germany)
Black-legged Kittiwake adult (16.02.2014; Gülper See-Brandenburg, Germany)
Rund 450 Sturmmöwen (Larus canus) und 350 Lachmöwen (Chroicocephalus ridibundus), sowie um die 20 unbestimmte, hellmantelige Großmöwen, verschiedenen Alters, nebst einer vorjährigen Mantelmöwe (Larus marinus), waren ebenfalls zu beobachten. Viele Pfeif- (Anas penelope) und Stockenten (Anas platyrhynchos), einige Spießenten (Anas acuta) und vereinzelt Schnatter- (Anas strepera)  und Krickenten (Anas crecca), verdösten die Zeit ufernah, auf den windgeschützten Bereichen des Sees. Die Schellenten (Bucephala clangula) baltzen schon auf´s Beste und Tafel- (Aythya ferina) und Reiherenten (Aythya fuligula) schwammen in zwei lockeren Gruppen in der Nähe der Dreizehenmöwe. Die Luft war erfüllt von den Rufen der Gänse, wobei die harten gackernden Laute der stimmfreudigen Weißwangengänse (Branta leucopsis) allerorts dominieren. Den größten zusammen stehenden Nonnen-Trupp hab´ ich am 17.02. mit 2070 Individuen ausgezählt. Als es zum Abend hin ruhiger und windstiller wurde, konnte ich von Ferne her einen balzenden Uhu (Bubo bubo) hören. 
Mein Fotoapparat heißt seit vorvorgestern Caspar David Friedrich...
Am 17.02., nach dem Aufstehen, ein rufender Kleinspecht (Dendrocopos minor) und 44 Silberreiher (Ardea alba) beim Kaffee. Dann, auf der Nachsuche nach unserem von der Nordsee verdrifteten Vogel am See, noch ein farbenprächtiger Kolbenerpel (Netta rufina). Die Möwe konnte ich leider nicht wiederfinden, dafür sangen aber Feldlerche (Alauda arvensis), Misteldrossel (Turdus viscivorus), Gartenbaumläufer (Certhia brachydactyla), Goldammer (Emberiza citrinella) und Weidenmeise (Poecile montana) zusammen in der freundlichen Morgensonne nach einer kalten Nacht. Der letztgenannte, ebenfalls Mönchsmeise genamste Vogel, trug sein melancholisches "ziÜ ziÜ ziÜ" erneut in dem eher ungewöhnlichen Habitat, bestehend aus trockenem Kiefernaufwuchs, vor. Ich erntete in den letzten Jahren schon von mehreren Leuten missgläubige Blicke, wenn ich von den mindestens 3 singenden Männchen, in eben diesem Lebensraum, am Südufer des Gülper Sees, berichtet habe.
Red-crested Pochard adult male (17.02.2014; Gülper See-Brandenburg, Germany)
Im Pareyer Luch und der Näheren Umgebung hielten sich insgesamt sicher 20 - 25000 Gänse auf. Leider landeten große Teile derer in zumeist schlecht einsehbarem Gelände und wurden ständig von 2 bis 3 Seeadlern in Unruhe gehalten. Beim Gänsemustern in den überstauten, leicht hügeligen Wiesen bei Wolsier, auch Eichwerder genannt, fielen mir recht schnell die 3 folgenden schwarzen Gesellen auf. Ringelgänse (Branta bernicla), in diesem Fall vorjährige, kommen zwar regelmäßig, aber nicht oft in die Havelaue. Von den hingegen häufiger zu sehenen Kurzschnabelgänsen (Anser brachyrhynchus) gelangen mir diesmal nur 2 Sichtungen. Das Foto zeigt einen adulten Vogel westlich von Hohennauen.
Brant Geese 1st Wi. (17.02.2014; Wolsier-Brandenburg Germany)
Pink-footed Goose adult (16.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany)
Die ersten Rohrammern (Emberiza schoeniclus) flogen umher und Schwärme von Bluthänflingen (Carduelis cannabina) und Feldsperlingen (Passer montanus) fraßen auf den Ackerbrachen. Neben hunderten von Kiebitzen (Vanellus vanellus) in der Luft, überflog mich einstweilen auch ein traurig flötender Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria). Zwerg-, Schnee- und Rothalsgänse versteckten sich erfolgreich vor meinen suchenden Blicken oder waren nicht vor Ort, jedoch konnte ich am 18.02. zwei einzelne Waldsaatgänse (Anser fabalis fabalis) inmitten eines gemischten Flocks nordischer Feldgänse ausfindig machen, vom einen Tier dieser Unterart sind mir ganz annehmbare Vergleichsaufnahmen, sozusagen face to face mit Anser fabalis rossicus, gelungen. Die Tundrasaatgans vom Betrachter aus gesehen links, die Waldsaatgans rechts.
Tundra- and Taiga Bean Goose adult, to compare (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany)
Tundra- and Taiga Bean Goose adult, to compare (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany)
Taiga Bean Goose subadult  (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany), impressive "grinning patch"
Taiga Bean Goose subadult  (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany), impressive "grinning patch"
Natürlich dürfen ja die gefühlt ungewöhnlichen Exemplare nicht fehlen. In den Bericht möchte ich heute aber nur diese, mehr oder minder dunkle immature Blässgans (Anser albifrons), mutmaßlich ohne Hybrideinfluss mit schmalem, gelblichen Lidring und scheinbar recht großem, blass orangem, eher apricot gefärbtem Schnabel, im Vergleich z.B. zu der klassischen, vorjährigen, nominaten A. a. albifrons, einfließen lassen. Wenn ich meinen Gesamteindruck, unter Berücksichtigung der Körperproportionen und Schnabelstruktur, mit dem der im letzten Jahr von Jens Voß auf Helgoland fotografierten und im Club 300 Galery Fotoarchiv, auf der zweiten Seite unter Blässgans vorgestellten Grönland-Blässgans (A. a. flavirostris) von Helgoland, abgleiche, dann kann ich durchaus Parallelen erkennen. Ob ein solches junges Tier, in Anbetracht der Variationsbreite von Anser albifrons albifrons, sicher einer Unterart zuzuordnen ist, bleibt jedoch für mich ersteinmal fraglich. Vielleicht fühlt sich ja jemand sattelfest in der Materie und kann mich bezüglich dieses Vogels, via Kommentar, erhellen. Aktueller Stand der Dinge...
White-fronted Goose spec. 1st Wi., possibly flavirostris (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany), middle
White-fronted Goose spec. 1st Wi., possibly flavirostris (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany) Link
White-fronted Goose spec. 1st Wi., possibly flavirostris (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany) Link
White-fronted Goose spec. 1st Wi., possibly flavirostris (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany) Link
White-fronted Goose spec. 1st Wi., possibly flavirostris (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany), right
White-fronted Goose spec. 1st Wi., possibly flavirostris (18.02.2014; Havelaue-Brandenburg Germany) Link 2. pic. 21/04/12
Auf dem Nachhauseweg sah ich noch einen 34er Schwarm Seidenschwänze (Bombycilla garrulus), der eine mit Misteln bewachsene kleine Pappelgruppe in der Nähe von Paretz anflog. Meine erste Seidenschwanzbeo. in diesem Jahr. Es gibt demnach einiges zu sehen im Havelland. Also, raus und Augen auf - es kann sich lohnen!

Die Saison ist eröffnet...

Samstag, 15. Februar 2014

Cach, Mich und Tatus...

Tachchen, hier nun die versprochenen Bilder von den adulten, bzw. subadulten Großmöwen der drei Taxa im Vergleich und mit einigen Anmerkungen zur Artbestimmung und Differenzierung. Auch diese Fotos hat mir Steve zur Verfügung gestellt. Die ersten Aufnahmen zeigen eine adulte Steppenmöwe mit klassischer HS-Zeichnung und Körperstatur, mit langen Flügeln, kleinem Kopf und "Buckel". Der Schnabel ist lang, parallelkantig und hat ein steppentypisches, blandes Gonyseck. Dieses "Monster" ist wohl ein Männchen. Schade, dass man auf den Bildern nicht die Bauchlinie in Seitenansicht sehen kann, bei cachinnans imponiert im Flug nämlich oft eine deutliche Brust- und Bauchwölbung.
Caspian Gull adult (21.06.2013), flight
Caspian Gull adult (21.06.2013), flight
Wunderbar zu erkennen die ausladenden hellen Zungen auf den Innenfahnen der äußeren HS, die in dieser Form nur bei Larus cachinnans zu beobachten sind. Die Spitze der äußeren HS ist großflächig weiß gefärbt, HS 9 hat ein sehr großes, weißes Subapikalfeld, auch Spiegel genannt. Bei der Möwenbestimmung werden die HS, nach Mauserverlauf, von innen nach außen gezählt. Die Möwe auf den Aufnahmen befindet sich in aktiver HS-Mauser. HS 1 ist neu, HS 2 wächst, 3 und 4 fehlen. Auf HS 5 sehen wir ein durchgängiges, relativ breites, schwarzes Subapikalband, welches in dieser Ausprägung i.d.R. nur bei den vormals als Weißkopfmöwen bezeichneten cachinnans und michahellis auftritt. Adulte argentatus haben zumeist keine schwarze Zeichnung auf HS 5, manchmal nur auf die Außenfahne beschränkt, oder schmal, durchbrochen, wie z.B. bei der Vergleichsmöwe auf dem 3. Bild. Einige Steppenmöwen (ich meine mal was von ca. 30% gehört zu haben), so auch unsere, haben helle Iriden, der Großteil allerdings, auch als Bestimmungsmerkmal relevant, dunkle oder gesprenkelte, mit "Pfeffer auf Spiegelei"-Muster. Die Beinfarbe variiert von rosa-grau, über fleischfarben, hin zu gelblich-grün, gelb. Die unbefiederten Partien sind zur Brutzeit naturgemäß am intensivsten gefärbt, müssen die Vögel doch ihren Partner beeindrucken und haben einen Nistplatz zu verteidigen.
Caspian Gull adult (21.06.2013), flight
Herring Gull adult (05.02.2014; Darß-Northern Pomerania), flight
Die hellmantelige Großmöwe mit der maximalen Schwarzausdehnung im Handflügel, sowie dem dunkelsten Grauton im Rückengefieder, ist die Mittelmeermöwe. Auch sie hat, bei geöffneten Schwingen ersichtlich, ein durchgängiges breites, schwarzes Subapikalband auf HS 5. Die helle Spitze der äußeren HS ist ebenfalls mit einer schwarzen Markierung durchbrochen, welche, mit etwas Glück, auch am angelegten Flügel zu sehen ist. Beachte, im Folgenden, außerdem das Kopfprofil, die verhältnismäßig kleinen Apikalflecken, die lange Handschwingenprojektion, den wuchtigen Schnabel und den roten Orbitalring. Der Vogel auf dem 2. Beispielbild hat nur einen ganz winzigen Spiegel auf HS 9, welcher i.d.R. auch bei michahellis etwas größer ausfällt, jedoch nie die Ausmaße wie bei cachinnans und argentatus annimmt. Auf der Unterseite der geöffneten Flügel schön zu erkennen, die oben angemerkte Schwarzausdehnung. Die 3. Aufnahme zeigt eine Mittelmeermöwe mit möglicherweise fortgeschrittener Mauser im 4. KJ -> 3. So., meiner Ansicht nach ist sie jedoch eher schon im 5. KJ, also eigentlich adult, mit noch eizelnen immaturen Relikten im Bereich von Alula und äußeren Handdecken.
Yellow-legged Gull adult (01.04.2010; Krk, Croatia), strolling
Yellow-legged Gull adult (21.06.2013), open wings
Yellow-legged Gull 4th cy (03.04.2010; Krk, Croatia), flight
Zum Abgleich noch eine Mittelmeermöwe im 4. KJ. Ein subadultes Tier, welches im nächsten Jahr sein komplettes Erwachsenenkleid tragen wird. Die Zeichen ihrer Jugend sind schnell ausgemacht: dunkle Handdecken, einige wenige bräunliche 3. Generation Armdecken und Armschwingen, sowie dunkle Schnabelmarkierungen. Der Schwanz ist schon komplett weiß und die schwarz pigmentierten HS-Anteile reichen bis auf HS 4. Der auf der linken HS 9 zu erkennende weiße Spiegel ist rechterhand noch nicht vorhanden.
Yellow-legged Gull subadult (20.03.2011; Croatia), flight
Fehlen noch ein paar Bilder von klassischen adulten Silbermöwen, die man im Winterhalbjahr schon anhand der individuell mehr oder weniger ausgeprägten Kopfstrichelung problemlos von den beiden anderen Arten unterscheiden kann. Silbermöwen kommen auch in ihren Körperproportionen kompakter daher, sind kurzflügeliger und kurzbeinig. Ihre Apikalflecken, die hellen Spots an den HS-Spitzen, sind recht groß, die Mantelfärbung hellgrau und die Beinfarbe weniger variabel als bei adulten Steppenmöwen, zumeist rosa, pink. Der Schnabel weist ein prominentes Gonyseck auf und wirkt am unteren Rand zumeist konkav geschwungen. Der Lidring bei Silbermöwen ist gelb, in einigen Fällen orange und je nach Futterangebot und Jahreszeit blasser oder bunter, nie aber tiefrot wie bei michahellis. Die Iriden von argentatus sind blass gelb, wodurch der Eindruck entsteht, dass sie einen besonders stechenden, katzengleichen Blick haben. Die Möwe auf dem 2. Bild scheint carotinoidhaltiges Futter zu sich genommen zu haben. Auf dem Foto der Silbermöwe im Flug sehen wir nur einen klitzekleinen schwarzen Spot auf der Außenfahne von HS 5.
Herring Gull adult (12.12.2012; Darß-Northern Pomerania, Germany)
Herring Gull adult (13.12.2012; Darß-Northern Pomerania, Germany)
 Herring Gull adult (13.12.2012; Darß-Northern Pomerania, Germany)
Baltische Silbermöwen können manchmal ganz schön verwirren, sind aber aufgrund der HS-Formel (keine dunkle Zeichnung auf HS 5, große Apikalflecke, vollends weiße Spitze HS 10, großer weißer Spiegel HS 9 und mehr oder minder rechtwinklig auslaufende Schwarzzeichnung auf den Innenfahnen der äußeren HS), der Kopfzeichnung im Winter, der sehr hellen Mantelfärbung, der Körperstatur und der Schnabelform eigentlich ganz gut anzusprechen. Diese gelbfüßigen Vögel haben ihr Hauptverbreitungsgebiet im Ostseeraum, entsprechen der Unterart Larus argentatus argentatus und wurden früher als omissus von der Nominatform abgegrenzt. Heute nennt man sie baltische-, gelbfüßige- oder ommissus-Typ Silbermöwe. Solche Individuen kommen uns auch, neben ihren rosafüßigen Artgenossen, alljährlich im Winter, im Binnenland besuchen. Also sind nicht alle gelbfüßigen, hellmanteligen Großmöwen im Brandenburgischen zwangsläufig Mittelmeermöwen. Zum Ausklang des Posts 2 schöne Aufnahmen von Vögeln dieser Variation.
omissus-type Herring Gull adult (20.10.2011; Darß-Northern Pomerania, Germany)
omissus-type Herring Gull adult (05.02.2014; Darß-Northern Pomerania, Germany)
So, jetzt ist aber ersteinmal Ende im Gelände - die Möwen gähnen auch schon vor sich hin...
Herring Gull adult (05.02.2014; Darß-Northern Pomerania, Germany), yawning
Eine schöne Zeit wünscht der Sternabert...

Donnerstag, 13. Februar 2014

Gull Collection - Möwen Bestimmung...

Hallo liebe Leute!
Nach einer kleinen Flaute zum Jahresbeginn, während der ich leider kaum Zeit fand, mich intensiv unserer gemeinsamen Passion zu widmen und daher der Input fehlte, habe ich mir überlegt, hier einmal einen ausschließlichen Möwenbestimmungsexkurs zu posten. Dazu brauchte ich natürlich professionelle Bilder, die mir mein guter Freund und Weggefährte Steve Klasan prompt und uneigennützig überließ. Die Fotos sind brillant und deshalb möchte ich mich an dieser Stelle ersteinmal aufrichtig bei ihm bedanken - ich denke, wir haben alle etwas davon... Der Post soll keine statische Abhandlung der verschiedenen Kleider von Steppen-, Mittelmeer- und Silbermöwen zu den verschiedenen Jahreszeiten werden - dafür gibt es schon andere Seiten im Netz und es würde auch den hiesigen Rahmen sprengen - vielmehr möchte ich die teils aktionsgeladenen Bilder kommentieren, so dass jeder die Diagnose nachvollziehen und sich an den Aufnahmen erfreuen kann. Die drei genannten Großmöwenarten, um die es hier gehen soll und die man auch im Brandenburgischen beobachten kann, sind Vierjahresmöwen.
Caspian Gull 1st Winter (11.11.2011; Saxony, Germany), calling
Yellow-legged Gulls (03.04.2010; Krk, Croatia), guzzling
Herring Gull adult (20.10.2011; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Als Grundlage der Mauserverlauf bis zum Erwachsenenkleid mit den gängigen Abkürzungen: Jugendkleid (JK)/ 1. Kalenderjahr (KJ) -> 1. Winter (Wi.) -> 2. KJ -> 1. Sommer (So.) -> 2. Wi. -> 3. KJ -> 2. So. -> 3. Wi. -> 4. KJ -> 3.  So.  (subadult) -> 4. Wi. -> 5. KJ (adult)
Möwen besitzen 10 Handschwingen (HS), welche im Sommer von innen nach außen, also von "körpernah" nach "körperfern" vermausert werden und die mit ihrer Zeichnung und Farbverteilung für eine korrekte Bestimmung von nicht unerheblicher Bedeutung sind. Schirmfedern (SF), Große Armdecken (GAD), Mittlere Armdecken (MAD), Mantel- (MF) und Schulterfedern (SchuF) werden im Herbst erneuert und sind mit ihrer Zeichnung zumeist ebenso ein wichtiger Baustein für die korrekte Artdiagnose. Die Farbe der unbefiederten Körperteile spielt natürlich auch eine Rolle, wobei dem Schnabel speziell bezüglich seiner Form und der Ausprägung des Gonysecks besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Alle weiteren Details erschließen sich dem geneigten Leser hoffentlich aus meinen folgenden Ausführungen. Vorerst soll es in diesem Beitrag nur um Möwen mit der ersten HS-Generation (JK, 1. Wi.) gehen. Zum Auftakt eine junge Steppenmöwe die schon mit der Postjuvenilmauser begonnen hat.
Caspian Gull juv. -> 1st Winter (28.08.2012; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Diese Schönheit trägt ihr JK, befindet sich also im 1. KJ. Sie hat einen vergleichsweise hellen Kopf und  einen noch komplett schwarzen Schnabel, welcher sich bei Steppen- und Silbermöwen i.d.R. im Laufe des 1. Wi. von der Basis her merklich aufhellt. Einige gezeichnete 2. Generation MF und SchuF heben sich deutlich von den braunen, ungezeichneten, leicht verschlissenen JK Federn ab. Steppen- und Mittelmeermöwen beginnen generell früher im Jahr mit der Mauser als Silbermöwen. Typisch für Steppenmöwen diesen Alters sind die sichelförmig hell gezeichneten SF-Spitzen. Auch das diffuse Krisselmuster der inneren GAD sowie die ungezeichneten äußeren, welche zwischen den hellen Spitzen der MAD und GAD eine dunkle Flügelbinde bilden, sind typisch für Larus cachinnans. Die angedeutete Nackenstrichelung wird mit fortschreitender Kleingefiedermauser noch als regelrechte Nackenkrause hervortreten, welche weitläufig auch als "Federboa" bekannt ist und bei immaturen Steppenmöwen besonders imponiert. Die langen Beine und der schmale, lange, spitze, parallelkantige Schnabel mit blandem Gonyseck sprechen in diesem Fall für sich. Ein typischer K1 Vogel wie aus dem Bestimmmungsbilderbuch. Leider scheint gerade unsere Einstiegsöwe einen lahmen rechten Flügel zu haben. Die Steppenmöwe im Gras ist schon ein paar Wochen älter.
Caspian Gull juv. -> 1st Winter (28.08.2012; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Caspian Gull 1st Winter (11.11.2011; Saxony, Germany)
Im direkten Vergleich eine junge Mittelmeermöwe, die ebenfalls gerade ihren 1. Wi. erlebt. Ihre MF und SchuF entsprechen in Gänze der zweiten Generation. Sie hat erhebliche Mauserlücken im Flügel. Einzelne MAD wurden auch schon erneuert und weisen ein rhombusförmiges, sehr dunkles Muster im distalen Bereich auf. Gerade Mittelmeermöwen wirken aufgrund der verschiedenen Farbtöne im Deckgefieder der zweiten Generation zumeist sehr bunt. HS und SF sind schon ordentlich abgenutzt, so dass erstere spitz und ausgeblichen erscheinen. Bei zweiteren ist von den eigentlich ebenmäßig schmal hellen Rändern nichts mehr zu erkennen. Generell verhält es sich bei allen Vögeln so, dass helle Federpartien schneller verschleißen als die dunklen. Die Kleingefiedermauser ist bei unserer Larus michahellis im 1. Wi., 2. KJ, auch schon etwas weiter fortgeschritten als bei den Steppenmöwen oben, sodass Bauch, Vorderhals und Kopf schneeweiß erscheinen. Eine "Federboa" ist vorhanden, aber bei weitem nicht so ausgeprägt, wie bei typischen cachinnans in diesem Alter. Dafür ist aber die mittelmeereigene dunkle Augenmaske hervorragend zu erkennen. Leider fehlen unserer Möwe die inneren GAD, die bei michahelles in der Regel ein gleichmäßiges, helles "Schachbrettmuster" aufweisen. Die Armdecken der ersten Generation wirken isgesamt dunkler braun als bei Steppe und Silber, die Beine mäßig lang und der dunkle Schnabel eher bulkig, parallelkantig und stumpf, in starkem Kontrast zum hellen Vorderkopf.
Yellow-legged Gull 1st Winter (03.04.2010; Selce, Croatia)
Auf dem folgenden Bild einmal eine Larus michahellis im Flug in ungefähr dem selben Alter. Auch hier schön zu erkennen der noch gänzlich schwarze, stumpfe Schnabel, die dunkel gezeichneten Unterflügeldecken und Achselfedern, im -hier parademäßig - starken Kontrast zum rein weißen Bauch, die schwarze, scharf abgegrenzte Schwanzendbinde und die, trotz durchscheinender Sonne, nur ganz seicht ausgeprägten hellen Keile in der Hand-, Armbeuge. Spitze, verschlissene HS. Dunkle, eher diffuse Nacken- und Flankenzeichnung. Zum Vergleich der Unterflügelzeichnung und -Farbe, noch ein sehr stimmungsvolles Bild von zwei schwimmenden cachinnans.
Yellow-legged Gull 1st Winter (03.04.2010; Selce, Croatia), flight
Caspian Gull 1st Winter (11.11.2011; Saxony, Germany), interaction
Nun fehlt uns noch die Silbermöwe. Silbermöwen sind, aus meiner Sicht, von den 3 hier behandelten, in den Gefiedernuancen im 1. Wi. am variabelsten. Dennoch kann man sie in dem Alter gut am dunkel durchsetzten Kleingefieder an Bauch, Brust, Hals und Kopf erkennen. Oberseits erscheinen sie aufgrund der breit weißlich, cremefarben gerandeten JK-Federn zumeist sehr hell und die GAD und SF sind, je nach Grad der Abnutzung, großflächig und auffällig gemustert. Ich assoziiere die SF von argentatus mit ihrem Wellenmuster oft mit der Blattform des Löwenzahns. Beine und Flügel eher kurz, Körper gedrungen wirkend. Das JK- Gefieder der Möwe auf dem ersten Bild ist schon stark verschlissen. Die hellen Zacken der SF sind praktisch nicht mehr vorhanden und der Rand der Federn kommt nun tatsächlich dem eines Löwenzahnblattes sehr nahe. MF und SchuF entsprechen der 2. Generation. Der Vogel befindet sich im 1. Wi., 2. KJ.
Herring Gull 1st Winter (05.02.2014; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Die Möwe auf dem 2. Bild mit intakterem Gefieder und in Habachtstellung, macht auf den ersten Blick einen ganz anderen Eindruck. Speziell SF und GAD wirken mit ihrer satten Farbe und Zeichnung sehr frisch. Aufgrund der spitzen HS und der ausschließlich erste Generation Armdecken, ist auch dies ein Vogel im 1. Wi., allerdings im 1. KJ. Hier wird schon an 2 Vögeln klar, wie unterschiedlich das äußere Erscheinungsbild bei 1. Wi. Silbermöwen sein kann. Das 3. Actionfoto zeigt auch eine Silbermöwe. Diagnostisch hier die Körperproportionen, das dunkel durchsetzte Kleingefieder an Rumpf und Kopf, die dunklen, diffus gezeichneten Unterflügel und das graue Dreieck in der Handbeuge (links), gebildet durch die hellen inneren HS, was aufgrund der Flügelhaltung nicht sofort ins Auge sticht.
Herring Gull 1st Winter (21.10.2011; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany)
Herring Gull 1st Winter (05.02.2014; Mecklenburg-Western Pomerania, Germany), flight
Zum Abschluss der 1. Wi. Möwenschau noch zwei Mittelmmeermöwen im Flug und in vergleichbarer Körperhaltung zur Silbermöwe. Beachte jeweils den bulkigen, stumpfen Schnabel im starken Kontrast zum weißen Vorderkopf, die großflächigen Weißanteile des sichtlich schlankeren Körpers, die angedeutete "Boa" und die markante dunkle, weniger diffuse Zeichnung der Unterflügeldecken. Die Flügel an sich sind länger und am Körperansatz schmaler als die von argentatus. Nicht zu vergessen der dunkle Schatten hinterm Auge. Auf dem letzten Foto imponiert die, vom ansonsten ganz überwiegend weißen Schwanz abgesetzte, sehr dunkle Endbinde. Auch die Ausdehnung des Handbeugenfensters (rechts) ist durch die dunklen Außenfahnen der inneren HS vergleichsweise stark reduziert. 
Yellow-legged Gull 1st Winter (03.04.2010; Selce, Croatia), flight
Yellow-legged Gull 1st Winter (03.04.2010; Selce, Croatia), flight
Bilder von älteren Möwen der drei Taxa folgen...
Es grüßt Bert...