Sternabert

Sternabert

Mittwoch, 20. November 2013

Nepper, Schlepper, Gänsescheucher...

Vielleicht sollte es einen milde stimmen, dass in diesem November, zumindest hier an der Havel, erfreulich wenige Gänse durch die Jagd mit Schrot zu Schaden gekommen zu sein scheinen. Sprich, es befinden sich nur wenige offensichtlich verletzte Tiere in den Rastgemeinschaften. Dennoch war ich am 18.11. nicht sonderlich amüsiert, als ein sichtlich sich genierender "Bauernscherge" einen schönen Trupp Gänse mit seinem Caddy vom Acker hochtrieb.
Scheinbar ist der volltags direkt dafür angestellt, denn der Luftraum über Zachow und Umgebung war, über den Tag, in regelmäßigen Abständen, gefüllt von panisch umherfliegenden Blessgänsen. Im Hinterkopf hatte ich noch die unterschwellig aggressiv anmutende Ansprache eines ortsansässigen Landwirts vom letzten Trip, mit Übertragung seines "Gänseproblems" auf mich als Gänsefreund! Die Bauern scheinen noch immer unbändige Angst vor finanziellem Ruin aufgrund von Ernteausfällen oder -Einbußen, durch den "Verbiss" ihres Wintergetreides durch Gänse zu haben. Verweis. Löblich ist allerdings anzumerken, dass sie in diesem Jahr die meisten ihrer Maisschläge nach der Ernte ziemlich lange unbearbeitet ließen, was die Gänse auch effektiv von ihren Wintersaaten ferngehalten hat. Ohnehin war das in diesem Herbst der erste große Trupp, von insgesamt 5000 - 6000 Gänsen im gesamten Gebiet, den ich auf  Wintergetreide stehend beobachten konnte. Leider hab´ ich es, ob der oben beschriebenen Aktion, nicht geschafft, die Vögel komplett durchzumustern, jedoch fielen neben ganz überwiegend Eurasischen Blessgänsen (Anser albifrons albifrons) 2 Weißwangengänse (Branta leucopsis) und eine diesjährige Rothalsgans (Branta ruficollis) sofort ins Auge. Auch ein adulter Halsringganter war dabei - 2KE. 2008 in den Niederlanden gekennzeichnet, wurde der Vogel bis dato nicht nur dort und in Deutschland, sondern wiederholt in Polen, Litauen und Lettland abgelesen. Auf dem Bild sind die Tiere schon in Habachtstellung, kurze Zeit später erheben sie sich zur kraft- und vor allem energieraubenden Flucht.
Red-breasted Goose > 1st winter
Saatgänse und Graugänse gab es nur noch wenige in einem Trupp bei Päwesin, bzw. bei Zachow auf der Havel vorgelagertem Grünland. Leider wieder keine Zwerggans (Anser erythropus) und diesmal auch kein Kurzschnabel.

Beste Grüße - Bert...

Mittwoch, 6. November 2013

Lustiges Gänseraten...

Tachchen,
gestern ließ es sich endlich einmal wieder einrichten, Jänse kiecken zu gehen. Trotzdem kürzlich die Jagdsaison auf meine Freunde begonnen hat, sind die Tiere im Havelland, um Ketzin herum, sehr ruhig und lassen sich, aus kurzer Entfernung, hervorragend beobachten. Auch wenn beim ersten Gänsewatch in diesem Herbst die richtigen Kracher ausblieben, habe ich die Zeit in vollen Zügen genossen. Es scheinen sich in der Gegend momentan um die 5000 nordische Gänse aufzuhalten, die sich vorrangig in größeren Trupps auf abgeernteten Maisschlägen und auf havelnahem Grünland  einfinden. Neben drei Kurzschnabelgänsen konnte ich wiedereinmal vermeindliche Gänsehybriden herauskiecken, die ja auf meinem Blog schon desöfteren Bestand von Einträgen waren. Den ersten Kandidaten habe ich, ohne große Bedenken, der Fraktion Tundrasaat- x Blessgans zugeordnet.
probable hybrid: Tundra Bean Goose x Eurasian White-fronted Goose 
Gut zu erkennen die Körpergröße und die Statur. Auf die hell gerandeten Schirmfedern, den dunkel gefärbten Schnabelspalt und die blass orange Schnabelfärbung mit schwarzem Nagel, passt o.g. Kombi ganz gut. Der zweite Vogel bereitet mir etwas mehr Schwierigkeiten. Er ist sehr hell und lässt beim ersten Blick durchs Handglas gleich eine falbe Blässgans vermuten.
possible hybrid: Pink-footed Goose x Eurasian White-fronted Goose
Beim Blick durchs Spektiv hinterließ die Gans, zumindest bei mir, dann aber einen sehr Kurzschnabelgans-ähnlichen Eindruck. Nicht nur der runde Kopf mit dem zierlichen Schnabel, auch die breite Schwanzendbinde und die breiten, hellen Säume der Mantelfedern, die locker anliegenden, breit gesäumten Schirmfedern und die Größe, sowie ihre Statur, ließen mich in diese Richtung denken. Ihre Ständer waren blass orange und der Schnabel wies eine typische brachyrhynchus-Zeichnung auf. Dass die Schnabelzeichnung von Verschmutzung herrührt, kann ich nicht zu 100 Prozent ausschliessen, sie wirkte im Feld jedoch waschecht und vor allem symmetrisch. Auch die Federn der Blesse waren direkt an der Schnabelbasis scheinbar sauber. Nicht zuletzt würde sich die Pink-, Schwarzverteilung bestens in die Gesamterscheinung der Gans fügen.
symmetrical bill-pattern with pinkish hue on tip
Die Form der Deckfedern, die ausgeprägte Bauchfleckung und die ausgewachsene Blesse zeigen an, dass wir es mit einem Altvogel zu tun haben. Hybrid aus Bless- und Kurzschnabelgans? Wie, wo, warum und wann soetwas zustande gekommen sein könnte ist mir schleierhaft und tatsächlich für einen Wildvogel sehr unwahrscheinlich - haben die beiden Gänsearten generell doch völlig verschiedene Brutareale. Ob Züchter solche Kombinationen zusammenstellen kann ich nicht sagen. Die Gans war jedenfalls unberingt. Die Bauchfleckung hätte ich bei o.g. Hybrid allerdings weniger ausgeprägt erwartet. Also doch nur eine leuzistische BG?
adult Pink-footed Goose and Goose in question (photomontage)
Mal schauen ob es beim nächsten Trip mit ´nem Rothals oder Zwerg klappt...

Tschü - Bert...

Montag, 4. November 2013

(Polar-)Birkenzeisigbestimmung - schwierige Sache...

Hallo Leute! Im Winter besuchen uns alljährlich Trupps von Birkenzeisigen. Es lohnt sich, diese kleinen, quirligen Finken auch einmal etwas intensiver zu mustern. Dazu muss man wissen, dass Birkenzeisige in 2 Arten: Birkenzeisig  (Acanthis/Carduelis flammea), Polarbirkenzeisig (Acanthis/Carduelis hornemanni) und deren jeweilige Unterarten: Alpenbirkenzeisig (C. f. cabaret), Taigabirkenzeisig (C. f. flammea), Islandbirkenzeisig (C. f. islandica), Grönlandbirkenzeisig (C. f. rostrata), Hornemanns Polarbirkenzeisig (C. h. hornemanni) und Coues Polarbirkenzeisig (C. h. exilipes)  gesplittet und generell in ihren Gefiedermerkmalen sehr variabel sind, was die Sache interessant, jedoch auch recht ansprusvoll gestaltet. Um den Schwierigkeitsgrad etwas zu vermindern, sei bemerkt, dass in unseren Breiten i.d.R. nur mit Alpen- und Taigabirkenzeisigen zu rechnen ist. In Brandenburg sind meines Wissens erst 2 Nachweise des Polarbirkenzeisigs dokumentiert. Der langen Rede kurzer Sinn, dies nur als Einleitung für die folgenden Gedanken zur Bestimmung. Wir konnten nämlich im Muraviovka Park einen auffälligen Birkenzeisig fangen, der schon im Netz durch seinen reinweißen Bürzel und die vergleichsweise geringe Flankenstrichelung, speziell im hinteren Körperbereich, auffiel. Hier links im Bild der Vogel in Frage, rechts ein relativ großschnäbliger adulter Taigabirkenzeisig.
probable Coues`s Redpoll (left) with Mealy Redpoll (right)
Wie schon am Bildhintergrund ersichtlich ist, wurde unser Vogel später im Jahr, knapp 2 Wochen nach dem "Gonzo", gefangen. Es ist zu erkennen, dass er eine hellere, fast sandfarbene Mantelfärbung, eine kürzere Handschwingenprojektion mit heller gesäumten Federrändern, was auch für die Schwanzfedern gilt, zwei auffälligere weiße Flügelbinden, welche einen kontrastierend dunklen Flügelfleck einrahmen, und einen prominenten Überaugenstreif hat, der sich breit bis auf die Stirn ausdehnt. Des Weiteren sind seine Ohrdecken vergleichsweise hell und haben eine ähnliche Färbung wie das Nacken- und Hinterkopfgefieder. Der Schnabel könnte für einen Polarbirkenzeisig eigentlich etwas kleiner sein, hat jedoch eine schöne hohe Basis und ist am Oberschnabel auch sichtlich stärker befiedert als der des Vergleichszeisigs. Die Schnäbel können wohl gerade bei exilipes, welche hier am Amur auch zu erwarten sind, in ihrer Länge recht variabel sein. Schauen wir uns den Vogel nochmal von oben an, leider ohne Vergleichsbild.
white extend of rump
Der reinweiße Bürzel sticht sofort ins Auge, könnte sich noch etwas weiter zwischen die Schirmfedern ausdehnen, ist aber bei Jungvögeln und Weibchen oft kleiner. Die spitzen, abgenutzten Schwanzfedern - auch die Schirmfedern wirken an den Rändern schon leicht verschlissen - und die bräunlichgelbe, zur weißen Körperunterseite kontrastierende Kopfgefiedertönung (siehe oben) sprechen hier, aus meiner Sicht, für einen K1 Vogel. Manche Ornis messen gerade dieser Gesichtsfärbung bei diesjährigen exilipes Vögeln, zur  Abgrenzung von den anderen Birkenzeisigarten, besonderes Gewicht bei. Auffällig sind auch die beiden weißen, mittig gelegenen Rückenstreifen, wie bei van Duivedijk beschrieben. Die Oberschwanzdecken erscheinen grau zentriert mit cremefarbenen Rändern.
pattern of UTC
Die Unterschwanzdecken sind bei vielen Polarbirkenzeisigen reinweiß. Unser Vogel hat einen eher schmalen, dunkelgrauen Schaftstrich auf der zentralen längsten USD, was bei exilipes nicht ungewöhnlich, sogar eher ein gutes pro-feature ist. Allerdings gibt es selten auch Taigabirkenzeisige ohne Unterschwanzdeckenzeichnung; dann aber zumeist adulte Tiere. Obwohl der ganz überwiegende Teil der genannten Merkmale auf einen Coues Polarbirkenzeisig hindeutet, bleiben geringe Restzweifel, einerseits wegen der großen Variabilität in den Gefiedermerkmalen, andererseits vermischen sich die Arten wohl auch in ihren, sich teilweise überschneidenden, Brutarealen - wie schon angemerkt, schwierige Sache...

Nun hat es auch gleich bei mir um die Ecke geklappt. Wolfgang Püschel, ein passionierter potsdamer Orni und, wie man gleich sehen wird, auch ein hervorragender Fotograf, hat am 23.02.2014 einen wunderschönen adulten Coues Polarbirkenzeisigmann (C. h. exilipes) auf dem Alten Friedhof in Potsdam entdeckt und abgelichtet. Seine Brust wird sich, bis zur Brutsaison im hohen Norden, durch die Abnutzung der hellen Federränder noch etwas intensiver kühl rosa umfärben, aber auch jetzt ist er schon schön anzusehen. Die Bilder sind klasse und lassen eine eindeutige Artbestimmung zu. Nur wenige Tage zuvor haben auch Abu & Aki einen sehr informativen Beitrag zur Birkenzeisigbestimmung auf ihrem Blog online gestellt. Hut ab - eine schöne Sache das.
Coues´s Redpoll adult male (23.02.2014; Potsdam-Brandenburg Germany)
Coues´s Redpoll adult male (23.02.2014; Potsdam-Brandenburg Germany)
Dank an WP, der mir die zwei Aufnahmen uneigennützig zur Verfügung gestellt hat.
Bestens - der Sternabert...