Rundherum wieder urwüchsiger Wald, in Nuancen anders als in den Gebieten zuvor. Nachdem wir den Kurztrip beendet und eine ganze Strecke weitergefahren waren, bog Viktor unvermittelt nach links ab, um uns mit seinem Furgon einen etwa 40° steilen, mit jungen Weiden und Birken bewachsenen Pfad, zu unserem in einem beschaulichen Birkenhain im näheren Umfeld des Zolotoy Kamen gelegenen Lagerplatz zu bringen.
Auf den letzten Metern grub sich das geländegängige Vehikel noch gut in den morastigen Untergrund ein, konnte mit etwas Manpower jedoch ohne Probleme wieder freigemacht werden. Diesmal spielte beim Aufbauen der Zelte sogar das Wetter mit und es gab keinen Wolkenbruch. Allein die Stechmücken fuhren mal wieder zu ihrer Höchstform auf. Es war auch schon wieder einige Zeit ins Land gegangen und nachdem wir unser Camp errichtet hatten, brachen wir bergan zu einem eher kurzen, aber sportlichen Erkundungsgang auf. Unweit des 'Lagers stießen wir auf eine verlassene Erz-oder Kristallmine, die seinerzeit schon ein gewisser Herr Pallas besucht hatte, zumindest fand sich an dem Ort eine Gedenktafel, welche dies suggerierte.
Ein paar Kilometer weiter oben gelangten wir an einzelne Felsformationen, die sich, ähnlich denen im Elbsandsteingebirge, ein gutes Stück über die Baumkronen erhoben, recht einfach zu erklettern waren und einen gigantischen Rundumblick ins Terrain und bis hin zum Horizont ermöglichten. Selbst beim Blick durchs Spektiv nichts als Taiga, kleine, sich dahin schlängelnde Flussläufe, Moore und einzelne Seen - unglaublich schön und ergreifend!
Etwas weiter nordwestlich befand sich laut Karte noch eine imposantere Felsengruppe, die wir am nächsten Tag auskundschaften wollten. Mit den eben gewonnenen Eindrücken kehrten wir aber ersteinmal wieder ins Lager zurück, aßen die letzten Reste, tranken чай с лимоном und freuten uns des Lebens. Mit Einsetzen der Dämmerung und zu unser aller Wohlgefallen, begann unweit unseres Lagerfeuerchens unvermittelt ein Habichtskauz mit seiner Balz. Das Weibchen ließ sich nicht lange bitten und kam unter ihren typischen scharfen, eher rauh bellenden Rufen herbei geflogen. Außerdem sangen Erd- und Misteldrossel und sogar eine Amsel war in der Ferne zu vernehmen. Am kommenden Morgen wanderten SK, BB und ich unter dem Gezwitscher und den Augen von Hopfkuckuck, Waldpieper, Gebirgsstelze, Seidenschwanz, Rotkehlchen, Blauschwanz, Gartenrotschwanz, Taigazilpzalp, Wanderlaubsänger, Grünlaubsänger, Wintergoldhähnchen, Grau- und Trauerschnäpper, Kohlmeise, Tannenmeise, Schwanzmeise (A.c.caudatus), Waldbaumläufer, Buchfink, Bergfink, Erlenzeisig, Trompetergimpel, Fichtenkreuzer und Karmingimpel, zum am Vortag festgesetzten Ziel - ein ganzes Stück Weg über Stock und Stein. Am Fuße des Zolotoy Kamen hatte vor einiger Zeit scheinbar ein Waldbrand das Unterholz etwas dezimiert, hier fanden wir einzelne Orchideenarten, darunter auch den schönen Frauenschuh. Die Kleinvögel, die sich in diesem Bereich herumtrieben, ließen sich bei vergleichsweise freierer Sicht auch etwas einfacher beobachten.
Hopfkuckuck (Cuculus saturatus) © Ralph Martin |
Der UAZ kam, das Lager war abgebaut und nun fuhren wir voller Vorfreude das erste mal seit Tagen wieder in die "Zivilisation" in ein kleines Dorf mit Magasin. Wir besorgten Proviant für die verbleibende Zeit und gönnten uns ein paar ordentliche Schluck kühlen Bieres aus 2,5 Liter Flaschen - übrigens die gleiche Marke (Большая кружка), die SK und mir schon am Amur so manches Dürstchen löschte. Der eine oder andere zog es allerdings vor, ein, zwei Eis zu schlecken. Zu guter Letzt füllten wir noch unsere Wasserkanister an den im Dorf für jedermann frei verfügbaren Pumpen und weiter ging es in ein beschauliches Hochmoor namens Dvoykoye.
Viktor hatte selbstgemachten Trockenfisch - Wobla - dabei, den er brüderlich mit uns teilte, er durfte natürlich von unserem Bier mittrinken und so hatten wir einen gemütlichen, lustigen, deutsch - russischen Abend am Lagerfeuer, mit Ruhe im Herzen und so mancher Anekdote: Viktor war hier vor einiger Zeit wohl auf eine sich vor ihm aufbauende Bärenmutter mit zwei Jungen getroffen, welche er unter Brüllen und mit seinem gezückten Finnenmesser in der Rechten in die Flucht geschlagen hatte. Diese und andere Geschichten im Hinterkopf zogen wir uns weit nach Mitternacht in die Zelte zurück, um am nächsten Morgen mit einem Pott Kaffee auf der Hand das Moor zu erkunden.
Wunderschön bei klarer Luft und blauem Himmel, mit Singschwan, Reiherente, Birkhuhn, Schwarzmilan, Barabamöwe, Sturmmöwe, Großem Brachvogel, Grünschenkel, Bekassine, Waldschnepfe, Buntspecht, Kuckuck, Hopfkuckuck, Waldpieper, Rotkehlpieper, Thunberg- und Sykesschafstelze, Bachstelze, Zitronrnstelze, Rotkehlchen, Blauschwanz, Singdrossel, Wacholderdrossel, Erddrossel, Pallasschwarzkehlchen, Braunkehlchen, Gartengrasmücke, Klappergrasmücke, Fitis, Taigazilpzalp, Wanderlaubsänger, Grünlaubsänger, Wintergoldhähnchen, Nebelkrähe, Eichelhäher, Tannenhäher, Neuntöter, Buchfink, Bergfink, Fichtenkreuzer, Erlenzeisig und Goldammer. Der malerische runde Moorsee lud zum Baden ein, allein der Schwingrasen ringsum hielt uns zurück, da man ohne Hilfsmittel sicher nur schwerlich wieder aus dem tiefen Gewässer heraus gekommen wäre. Ohnehin hatte Viktor uns für die nächste Campsite einen Badesee versprochen. Gegen Mittag brachen wir auf und fuhren eine kleine Weile zum Ozero Nizhneye.
Wir hatten Bock zum Baden und es war auch bitter nötig. Viktor besuchte unterdessen einen Bekannten, der am anderen Ufer des Sees seine bescheidene Hütte und einen windschiefen Brettersteg errichtet hatte und besorgte uns sogar einen Kahn, mit dem wir am frühen Abend die gegenüberliegende Seite des Gewässers erreichten um insbesondere nach dem uns noch fehlenden Strichelschwirl Ausschau zu halten. So ruderten wir einen beschaulichen, schmalen, sich durch Binsen und Seggen meandernden Zufluss entlang und spitzten die Ohren. Vorerst waren nur Schilfrohrsänger und einige Rohrammern zu hören, später meldeten sich noch zwei Tüpfelsumpfhühner und ein Wachtelkönig. Nach der x-ten Flussbiegung drang plötzlich ein zartes Schwirren zu uns herüber. Wir taten noch ein paar Ruderschläge in die Richtung und tatsächlich, da sang unser Strichelschwirl aus voller Kehle - die Freude war groß. Es begann allerdings schon zu dämmern und so fuhren wir nach dieser initialen Kostprobe ersteinmal zurück.
Direkt am See und in dessen näherer Umgebung konnten wir folgende Vogelarten feststellen: Sockente, Löffelente, Pfeifente, Krickente, Knäkente, Schwarzmilan, Falkenbussard, Baumfalke, Flussuferläufer, Austernfischer, Großer Brachvogel, Bekassine, Lachmöwe, Sturmmöwe, Barabamöwe, Ringeltaube, Kuckuck, Hopfkuckuck, Mauersegler, Waldpieper, Bachstelze, Zitronenstelze, Blauschwanz, Pallasschwarzkehlchen, Rotdrossel, Erddrossel, Gartengrasmücke, Dorngrasmücke, Buschrohrsänger, Fitis, Taigazilpzalp, Karmingimpel und eine Nebelkrähenfamilie. Die Nacht am Seeufer war kalt und feucht und mir schmerzten die Glieder, nichtsdestotrotz ruderten wir nach dem Erwachen abermals hinüber zu dem Flüsschen, um dem Schwirl nocheinmal ausgiebig zu lauschen und Ton-, sowie Fotoaufnahmen anzufertigen.
Strichelschwirl (Locustella lanceolata) © Ralph Martin |
Strichelschwirl (Locustella lanceolata) © Ralph Martin |
Strichelschwirl (Locustella lanceolata) © Ralph Martin |
Strichelschwirl (Locustella lanceolata) © Ralph Martin |
Strichelschwirl (Locustella lanceolata) © Ralph Martin |
Das ganze bei Götterdämmerung vor herrlicher Kulisse - leider die letzten Stunden in der uralesischen Wildnis, denn gegen Mittag brachen wir - tatsächlich schweren Herzens - Richtung Serov auf, wo in der Nacht unser Zug zurück nach Jekaterinburg abfahren sollte...
...und jetzt ALLE!
За туманом
Понимаешь, это странно, очень странно,
Но такой уж я законченный чудак:
Я гоняюсь за туманом, за туманом,
И с собою мне не справиться никак.
Verstehst du, es ist seltsam, äußerst seltsam,
Doch ich bin solch ein ausgemachter Kauz:
Ich jage dem Nebel nach, dem Nebel
Und ich kann mir nicht helfen.
Люди сосланы делами, люди едут за деньгами,
Убегают от обиды, от тоски...
А я еду, а я еду за мечтами,
За туманом и за запахом тайги.
Die Menschen werden verbannt durch ihre Geschäfte, die Menschen folgen dem Geld,
Laufen weg vor Kränkung und vor Schwermut...
Ich aber, ich folge meinen Träumen,
Dem Nebel und dem Duft der Taiga.
Понимаешь, это просто, очень просто
Для того, кто хоть однажды уходил.
Ты представь, что это остро, очень остро:
Горы, солнце, пихты, песни и дожди.
Verstehst du, es ist seltsam, äußerst seltsam,
Für den, der wenigstens einmal wegging.
Stell´ dir vor, es ist aufregend, sehr aufregend:
Berge, Sonne, Fichtem, Lieder und Regen.
И пусть полным-полно набиты мне в дорогу чемоданы:
Память, грусть, невозвращённые долги...
А я еду, а я еду за туманом,
За мечтами и за запахом тайги.
А я еду, а я еду за туманом,
За мечтами и за запахом тайги.
Und auch wenn vollgestopft sind die Koffer für meine Reise:
Erinnerungen, Traurigkeit, nicht beglichene Rechnungen...
Ich aber, ich folge meinen Träumen,
Dem Nebel und dem Duft der Taiga.
Ich aber, ich folge meinen Träumen,
Dem Nebel und dem Duft der Taiga.
Der Sternabert...