Sternabert

Sternabert

Mittwoch, 14. Mai 2014

Eisheilige...

An den Mai

Regenguss am Gülper See
Schäm dich Gesell! Kein Sonnenschein?                 
Und du stellst dich als Mai hier ein?
Du bist der rechte Tröster nicht!
Wer mag dein garstig Angesicht
Noch länger sehn? Geh reisen!
Schon reift dein Bruder uns heran,
Der Juni, der wird unser Mann,
Und wird sich hold erweisen.

Sieh da! Ein blanker Sonnenstrahl!
So bist du doch nicht ganz entherzt
Und lächelst auch einmal?
Doch lieber Freund, es ist verscherzt!
Das ist kein Mai, der sich bedenkt
Und tropfenweise sich verschenkt,
Ein Mai muß aus dem Vollen fließen,
Wir müssen ihn wie Wein geniessen
Und wie in seligem Rausche sein,
Pack ein!

Gustav Falke

Mit diesem Maienlied auf den Lippen, wobei ich in meiner küstlerischen Freiheit "Wein" mit "Bier" ersetzte, fuhr ich am Montag in die Havelaue. Bei der abendlichen Ankunft am Gülper See setzte, als wenn es bei der ohnehin schon sehr unbeständigen Witterung so sein müsste, ein längerer, ergiebiger Regenschauer ein. Ich zog mein Nässezeug über, packte mein Bündel und spazierte bis in die tiefe Nacht selig durch´s Gelände. Misteldrosseln (Turdus viscivorus), Singdrosseln (Turdus philomelos) und Nachtigallen (Luscinia megarhynchos) lösten das eintönige leise Rauschen ab, als der Himmel des nächtens seine Schleusen wieder verschloss. Im Hintergrund Grillengezirpe. Ein junger Rothirsch (Cervus elaphus) zog nur knapp 10 Meter an mir vorüber, nachdem ich mich zum Schutz vor Wind und Wetter für ein Weilchen unter eine schief gewachsene Kiefer gekauert hatte. Ein Dachs (Meles meles) hatte seinen Kopf so tief in die Erde gesteckt, dass er mein Näherkommen gar nicht bemerkte. Später trottete er in die Dunkelheit davon. Im Pareyer Luch kann man im Mai, bei kaltem Wetter und bedecktem Himmel, mit etwas Geduld auch einige Limikolenarten beobachten. Ohne Spektiv und bei Sonnenschein und dem damit einhergehenden Luftflimmern, dürfte sich diese Übung jedenfalls als eher schwierig bis unmöglich erweisen. Es gab also Kiebitze (Vanellus vanellus), Kiebitzregenpfeifer (Pluvialis squatarola), Grünschenkel (Tringa nebularia), Rotschenkel (Tringa totanus), Dunkelwasserläufer (Tringa erythropus), Bruchwasserläufer (Tringa glareola), Alpen- (Calidris alpina) und Temminckstrandläufer (Calidris temminckii), Flussregenpfeifer (Charadrius dubius) und Bekassinen (Gallinago gallinago) vor die Linse, Große Brachvögel (Numenius arquata) und Waldwasserläufer (Tringa ochropus) nur akustisch. Einige Zwergmöwen (Hydrocoloeus minutus) hielten sich in einer größeren Lachmöwenansammlung auf und 7 Weißflügelseeschwalben (Chlidonias leucopterus) durchflogen das Gebiet von Ost nach West. Bei den Zwergmöwen handelte es sich ausnahmslos um immature, also unausgefärbte Tiere.
Little Gull 2nd cy (13.05.2014; Pareyer Luch, Germany)
2 Little Gulls 2nd cy variably "hooded" (13.05.2014; Pareyer Luch, Germany)
Little Gull 2nd cy (13.05.2014; Pareyer Luch, Germany)
White-winged Tern (13.05.2014; Pareyer Luch, Germany)
White-winged Tern (13.05.2014; Pareyer Luch, Germany)
Ein prächtiger Kiebitzregenpfeifer ist immer eine Augenweide. Im Felde natürlich ungemein herrlicher, als auf den mäßigen Belegfotos durch´s Spektiv. Auch in natura gestaltet es sich auf große Entfernungen nicht gerade sonderlich einfach, einen kleinen sumpfbraunen Temminckstrandläufer ausfindig zu machen. Zumal jene gerade einmal kohlmeisengroßen Vögel bei der Nahrungssuche, Mäusen gleich, gerne zwischen der aufgrünenden Vegetation umher huschen, man kann es fast kriechen nennen. Dieser hier hielt sich zeitweise mit seinem eindrücklich größeren und insgesamt viel auffälligeren Artgenossen aus der Regenpfeiferfamilie.
Grey Plover and Temminck´s Stint (13.05.2014; Pareyer Luch, Germany)
Grey Plover and Temminck´s Stint (13.05.2014; Pareyer Luch, Germany)
 Temminck´s Stint (13.05.2014; Pareyer Luch, Germany)
Neben singenden Braunkehlchen (Saxicola rubetra), Feldlerchen (Alauda arvensis), Rohrammern (Emberiza schoeniclus) und Teich- (Acrocephalus scirpaceus), Drossel- (Acrocephalus arundinaceus) und Schilfrohrsängern (Acrocephalus schoenobaenus), flogen auch einige Wiesenschafstelzen (Motacilla flava) umher. Eine auf dem Zug etwas seltener, aber regelmäßig im Havelland auftretende Schafstelzenart ist die im hohen Norden brütende dunkelköpfige Thunbergschafstelze (Motacilla thunbergi). Ein solches Männchen fing sich auf einer Schlickfläche ein paar Insekten. Als ich den Fotoapperat an die Okularlinse bekam, war es allerdings leider schon wieder verschwunden. Die Nomenklatur der Schafstelzen ist seit einiger Zeit weit gefächert, in neueren Bestimmungsbüchern wird das Thema jedoch zumeist anschaulich auseinandergesetzt. Beeindruckend fand ich dieses mal vor allem die sehr hohe Dichte an singenden Ortolanmännchen (Emberiza hortulana). Auch den (Warn)ruf der bunten Ammer konnte ich aufnehmen. An fast jedem mit Eichen gesäumten Getreidefeld sind zur Zeit die blechern klingenden Strophen von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang zu hören. Der Vollmond erscheint und kündigt eine kalte Nacht an...
Eichengehölz bei Prietzen
...Zeit für einen Grog...